Mitteldeutsche Zeitung: Käßmann: Die Toten von Kundus haben viele Menschen aufgeschreckt
Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland verteidigt ihre Äußerungen zum Afghanistan-Krieg
Halle (ots)
Ihre Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Landesbischöfin in Hannover, Margot Käßmann, im Gespräch mit der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Freitag-Ausgabe) verteidigt. "Die Kirche hat natürlich ein Mandat, über den Frieden zu sprechen und kritisch zu sein", sagte Käßmann. "Hätte ich umgekehrt gefordert, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken - das hätte Anlass zu Rückfragen gegeben, finde ich." Für eine nachträgliche Korrektur ihrer Aussagen sieht Käßmann keinen Anlass: "Hier würde ich, bei allen Bedenken, die ich jetzt gehört habe, nichts anders formulieren. Außerdem habe ich eine enorme Rückendeckung erfahren. Mehr als 2000 E-Mails kamen an, hunderte Briefe, in denen Menschen mir sagten: Danke, dass Sie das so ausgedrückt haben!"
Im Blick auf den Zweiten Weltkrieg sagte Käßmann, dass man nicht einfach von "guter Gewalt" sprechen könne. "Man kann nicht einfach sagen, etwa die Zerstörung Dresdens sei gute Gewalt gewesen. Natürlich ist das Eingreifen der Alliierten gegen Nazi-Deutschland zu rechtfertigen, weil es Recht und Frieden diente. Aber es hat auch gezeigt, dass die Furie der Gewalt nicht zu bändigen ist, wenn sie losgelassen wird. Da gibt es dann Bombardement auf Zivilisten, Vergewaltigung, entsetzliche Zerstörung."
Die Debatte um ihre Äußerung hätten ihr gezeigt, dass die Deutschen "etwas gelernt" hätten, sagte Käßmann: "Krieg bedeutet immer auch Leid und Unrecht. Das wird übrigens in West- wie Ostdeutschland so wahrgenommen, bei Jungen wie Alten. Und das wird die Politik ins Nachdenken bringen. Mir ist freilich klar, dass Deutschland kein isolierter Planet ist. Aber in der Bevölkerung gibt es offensichtlich ein starkes Bewusstsein für den Frieden. Die Toten von Kundus haben viele Menschen aufgeschreckt."
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