Mitteldeutsche Zeitung: zur Kultur der Rücktritte
Halle (ots)
Rechtzeitige politische Abschiede werden in Deutschland auch dadurch erschwert, dass es anders als für den US-Präsidenten für einen Kanzler keine Amtszeitbegrenzung gibt. In der Union gibt es unter Angela Merkel längst keinen präsentablen Nachfolger mehr. Auch in der SPD wollen viele nicht persönlich gegen Merkel antreten, sondern lieber auf die Zeit nach ihr warten. Wenn die Spitze nicht wechselt, bewegt sich auch darunter weniger - weil viele auf langjährige Vertraute setzen. Eine geübte Kultur des Rücktritts, Abschieds und Wechsels täte Deutschland gut. Es ist gut, die Konsequenz zu ziehen, wenn man nicht mehr dieselbe Hingabe verspürt wie am Anfang, oder glaubt, nicht mehr der Richtige zu sein. Ein Vorbild ist Benedikt XVI., der zurücktrat, weil er seine Kräfte schwinden sah. Damit hat er dem Papstamt ein menschliches Antlitz wie nie zuvor verliehen.
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