Mitteldeutsche Zeitung: zu Böhmermann
Halle (ots)
Der schönste Triumph wäre es natürlich, wenn der Komiker erst angeklagt und schließlich freigesprochen würde. Dann hätte sowohl die Bundesregierung verloren - denn sie hätte vor Erdogan "gekuscht" - als auch der türkische Präsident, den dann alle Welt als "Ziegenficker" schmähen könnte. Tatsächlich wäre ein Freispruch Böhmermanns nicht unwahrscheinlich. Die Verteidigung Böhmermanns hat allerdings - nicht im juristischen, aber im moralischen Sinn - ein kleines Problem. Sein Schmähgedicht, das sich hemmungslos antimuslimischer Ressentiments bedient, zielt tatsächlich nicht auf Erdogan und nicht, wie einige Kritiker beklagen, auf die Türken, sondern vor allem auf die öffentliche Aufmerksamkeit. Es geht nicht um Kritik an Erdogan, sondern um die möglichst pompöse mediale Inszenierung als Kritik. Böhmermann hat Witz, aber sein Witz hat keine Substanz. Er richtet seinen Blick nicht auf die repressive Politik des türkischen Staatspräsidenten, er schielt nur auf die Reaktion der Medien. Über die kann er sich derzeit ganz und gar nicht beklagen.
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