Mitteldeutsche Zeitung: Debatte um Meinungsfreiheit/ Geteiltes Echo auf Kretzschmars Äußerungen
Halle (ots)
Halle. Politikexperten in Sachsen-Anhalt reagieren teils kritisch, teils verständnisvoll auf die Aussagen des Ex-Handballprofis Stefan Kretzschmar zu fehlender Meinungsfreiheit in Deutschland. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Dienstag-Ausgabe). Der Magdeburger Politik- und Gesellschaftspsychologe Thomas Kliche sagte dem Blatt: "Wir haben derzeit ein Problem: Grundlegende Kritik in unserer Gesellschaft wird prinzipiell erst einmal dem Populismus zugeordnet." Diese Vereinfachung belaste Debatten. Es sei allerdings kein neues Phänomen, dass Widerspruch gegen gesellschaftlichen Konsens Mut brauche.
Mit Unverständnis reagierte Maik Reichel, Chef der Landeszentrale für politische Bildung. Kretzschmars Aussagen seien wenig durchdacht: "Der Satz, es gebe keine Meinungsfreiheit, wird oft einfach so dahingesagt. Wenn man nachfragt, merkt man, dass es keine wirkliche Begründung gibt." Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) pflichtete dem bei: "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Selbstverständlich kann in unserem Land jeder sagen, was ihm gefällt." Der CDU-Politiker fügte aber auch an: "Nicht jede Meinung muss auf gesellschaftliche Unterstützung stoßen. Das gilt für Sportler, Politiker und jeden anderen Menschen auch." Er ergänzte in Richtung Kretzschmar: "Bei Sportlern kommt noch hinzu, dass sie gerade für junge Menschen häufig Vorbilder sind. Dieser Verantwortung müssen sie sich bewusst sein."
Kretzschmar, in Leipzig geboren und langjähriger Profispieler des SC Magdeburg, hatte zuvor fehlende Freiheiten für Sportler kritisiert und damit eine bundesweite Debatte ausgelöst: "Eine gesellschafts- oder regierungskritische Meinung darf man in diesem Land nicht mehr haben", so Kretzschmar. "Wir Sportler haben in Deutschland eine Meinungsfreiheit, für die man nicht in den Knast kommt. Wir haben aber keine Meinungsfreiheit im eigentlichen Sinne." Sportler würden sich nur politisch äußern, wenn sie eine "Mainstream-Meinung" vertreten, "mit der man nichts falsch machen kann".
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