Mitteldeutsche Zeitung: 15 Jahre deutsche Einheit Lothar de Maizièe beklagt Besitzstandsdenken des Westens und Empfindlichkeit der Ostdeutschen
Halle (ots)
Der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière (CDU), sieht ein größeres Problem für Deutschland im Besitzstandsdenken des Westens als in der Frustration eines Teils der Ostdeutschen. In einem Interview mit der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstagausgabe) sagte er: "Das Problem für Deutschland ist eher, dass die Menschen im Westen verinnerlicht haben, dass der Grundrechtskatalog auf einen einzigen Paragrafen beschränkt werden könnte: das Grundrecht auf Bestandsschutz." Dabei stehe das Land vor einer großen Herausforderung. Entweder begreife es in den kommenden Jahren die Herausforderungen durch die negative Bevölkerungsentwicklung und die Globalisierung oder es gehe abwärts.
De Maizière sagte, ein Teil der Ostdeutschen habe "ein Recht darauf, frustriert zu sein". Das seien diejenigen, "die 1990 zehn Jahre zu alt waren, um neu durchzustarten, und zehn Jahre zu jung, um sich in die Rente zu retten". Das sei jene Generation, "die die DDR aufgebaut und die Wende herbeigeführt hat".
Er beklagte zugleich die Empfindlichkeit, die sich die Ostdeutschen zugelegt hätten und auf ein nachträgliches DDR-Bewusstsein zurückgehe. "Da wagt jemand, was Ostdeutsches anzugreifen und schon werden die Stacheln aufgestellt." Die Ostdeutschen fühlten sich sogar betroffen, "wenn die Linkspartei beschimpft wird, obwohl sie sie nie wählen würden". Mit Blick auf die Ost-Kritik Edmund Stoibers vor der Bundestagswahl sagte de Maizière: Die Ostdeutschen "haben sich den Schuh angezogen und sich ihr Selbstwertgefühl deklinieren lassen von dem Gerede im bayerischen Bierzelt".
De Maizière kritisierte das Ziel der "Angleichung" des Ostens an den Westen. "Angleichung ist kein selbstbestimmtes Lebensziel", so der CDU-Politiker und Rechtsanwalt, "Ich will nicht leben wie andere, sondern wie es für mich richtig ist." Vor allem komme es auf gleiche Chancen an.
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