Mitteldeutsche Zeitung: Antisemitischer Vorfall in Parey Staatsanwaltschaft und Ministerium streiten um Tathergang
Halle (ots)
Die Umstände des antisemitischen Vorfalls in Parey (Jerichower Land) im Oktober 2006 werden immer undurchsichtiger. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Sonnabend-Ausgabe). Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei streiten über den Tathergang. Denn die inzwischen veröffentlichten Ermittlungsergebnisse der beiden Behörden weichen in einem wesentlichen Punkt stark voneinander ab.
Dabei geht es im Kern um die Frage, ob der bislang als Opfer gehandelte 15-Jährige das Schild mit dem antisemitischen Spruch freiwillig und im Wissen um die Aufschrift um seinen Hals hängte. Oder ob er dazu gezwungen wurde. Die Stendaler Staatsanwaltschaft vertritt die zweite Position und hat den Punker daher auch nicht wegen Volksverhetzung angeklagt. Im Gegensatz zu fünf anderen Jugendlichen.
Im Innenministerium zeigt man sich über die Version der Staatsanwälte "schockiert". Sprecher Klaus-Peter Knobloch sagte: "Diesen Widerspruch zu unseren Ergebnissen kann ich nicht erklären." Eine vom Innenministerium geleitete interministerielle Arbeitsgruppe war vor einer Woche zu dem Schluss gekommen, dass der 15-Jährige das Schild mit der Aufschrift "Ich bin im Ort das größte Schwein, ich lass' mich nur mit Juden ein" freiwillig umgehängt hatte. Der Schüler habe die Aufschrift sogar vorher gelesen, heißt es in dem gemeinsamen Bericht.
Dem widerspricht jedoch die Staatsanwaltschaft. "Wir gehen davon aus, dass das Schild zusammengefaltet und vom Opfer nicht zu lesen war", sagte Behördensprecher Thomas Kramer. Damit bestehe "kein hinreichender Tatverdacht", um auch diesen Jugendlichen wegen Volksverhetzung anzuklagen. Zudem deutete Kramer an, dass im Gegensatz zur Darstellung der Polizei sehr wohl Druck auf den Jugendlichen ausgeübt wurde.
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