Stuttgarter Zeitung: Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler legt dem Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier den Rückzug nahe: "Die SPD muss beweisen, dass sie es ernst meint"
Stuttgart (ots)
Der langjährige SPD-Vordenker bei Arbeitsmarkt- und Sozialthemen, Rudolf Dreßler, hat die Parteiführung davor gewarnt, die Grünen aufgrund ihrer wachsenden Popularität als politischen Gegner unter Beschuss zu nehmen. "Im rot-grünen Lager einen Polarisierungsstreit zu führen, hielte ich nicht für besonders klug", sagte er im Interview der "Stuttgarter Zeitung" (Freitagausgabe). "Darauf warten die anderen nur." SPD und Grünen sollten um ihre inhaltlichen Programme ringen und sich anschließend zu Kompromissen zusammenfinden. Sonst seien sie bald wieder auf dem Stand der Bundestagswahl 2009.
Dreßler beklagte zudem die dünne Personaldecke in der Parteiführung. "Es ist eine Schwierigkeit der SPD, Personal zu finden, das sich in der Öffentlichkeit identitätsstiftend bemerkbar macht", sagte er. Den Hinweis von Generalsekretärin Andrea Nahles, dass der Schutt schon abgeräumt sei, kann er "nicht ernst nehmen". Das sei das Vokabular einer Generalsekretärin. Die Probleme seien keineswegs abgeräumt. Die SPD könne den Vertrauensverlust nicht durch irgendeinen Parteitagsbeschluss wieder gewinnen, sondern müsse dies kontinuierlich durch Taten zeigen. "Ich muss doch den Beweis erbringen, dass ich es ernst meine und nicht nur Papier produziere", sagte er. Wer hingegen eine Debatte über Parteichef Sigmar Gabriel als nächsten Kanzlerkandidaten führen wolle, solle in der Satiresendung "Neues aus der Anstalt" auftreten. Jetzt seien Inhalte gefragt.
Zudem legte Dreßler dem Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier den Rückzug nahe. Der Fraktionsvorsitzende sei mit seiner ideologischen Position bei der Agenda 2010 und der Rente mit 67 nicht mehr auf der Höhe der Beschlusslage. "Wenn er die Fähigkeit besäße zu erkennen, dass die SPD - also auch er - Fehler gemacht hat, hielte ich das für eine Stärke", sagte Dreßler der "Stuttgarter Zeitung". Aber das sei bisher nicht zu sehen. Also müsse sich Steinmeier fragen, ob er sich selbst korrigieren wolle oder nicht und daraus Schlüsse für seine Funktion ziehen. "Nicht die SPD hat ihn als Fraktionschef gewählt, sondern er sich selbst", fügte er hinzu.
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