Stuttgarter Zeitung: Erwachsenes Europaparlament
Kommentar zum EU-Haushaltsstreit
Stuttgart (ots)
Es ist eine Machtprobe mit Ansage. Seit zwei Jahren predigt das Europaparlament, dass es mit den Bestimmungen des Lissaboner Vertrags nicht einfach übergangen werden kann, wenn es um den EU-Budgetrahmen für die nächsten sieben Jahre geht. Dass sie den vor Monatsfrist von den Staats- und Regierungschefs ausgehandelten Minimalkonsens ablehnen würden, war daher absehbar.
Nicht unbedingt vorauszusehen war dagegen, wie überlegt die Abgeordneten vorgehen würden. Sie rühren die - lange Zeit als viel zu gering gegeißelte - Obergrenze in Höhe von 960 Milliarden Euro für die Zeit bis 2020 nicht mehr an und liefern sich damit nicht dem Totschlagargument aus, dass in diesen Zeiten den Eurokraten nicht noch zusätzliches Futter gegeben werden dürfe.
Lieber legen die Abgeordneten den Finger in die Wunde: Der Etatentwurf steuert viel zu schwach um in Richtung Zukunftsinvestitionen, die aus der Krise führen könnten. Das Parlament pocht zu Recht darauf, dass die EU nicht mit einem milliardenschweren Zahlungsverzug in die neue Finanzperiode startet. Und es ist schlüssig, ein Sparbudget in drei Jahren auf den Prüfstand zu stellen? Oder haben die Staats- und Regierungschefs etwa keine Hoffnung, dass die Rezession dann überwunden ist? Mit diesem moderaten Nein ist das Europaparlament endgültig erwachsen.
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