Stuttgarter Zeitung: Leitartikel zu Wulff
Stuttgart (ots)
Die Staatsanwälte sind den extrem hohen Ansprüchen, die das erste Ermittlungsverfahren gegen einen Bundespräsidenten verlangt hat, nicht gerecht geworden. Ihre Recherchen schossen in Umfang, Detailversessenheit und Personalaufwand über das angemessene Maß hinaus. Sie übten unziemlichen Druck auf die Beschuldigten aus, sie agierten mit bedenklichen juristischen Winkelzügen.
Die Dürre der verbliebenen Vorwürfe zwingt Fragen auf. War es überhaupt nötig, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten? Ja, denn die Indizien für ein juristisches Fehlverhalten waren hinreichend stark. Ist eine Anklage richtig? Nein, die Staatsanwälte hätten über ihren Schatten springen und Wulff ein faires Angebot zur Verfahrenseinstellung anbieten sollen. Wäre aber damit nicht Wulffs Rücktritt als Bundespräsident überflüssig gewesen? Nein, denn ein Politiker muss nicht nur allgemeine rechtliche, sondern besondere moralische Maßstäbe erfüllen.
Wulff hatte sich in ein ungutes Beziehungsgeflecht zu Wirtschaftsgrößen begeben; er hat dem niedersächsischen Landtag die Wahrheit verschwiegen; er hat aus Schloss Bellevue heraus versucht, unliebsame Berichterstattung zu unterdrücken; und er war als Staatsoberhaupt unter Verdacht nicht mehr handlungsfähig. Es waren diese Gründe, die zum Rücktritt führten. Der bleibt menschlich tragisch, aber politisch richtig.
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