Stuttgarter Zeitung: Altes Denken
Kommentar zu Kohl/Türken
Stuttgart (ots)
Vor gut 30 Jahren wollte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken am liebsten schnell wieder außer Landes schaffen. Damit stand er als CDU-Chef nicht allein, die Union hat allen gesellschaftlichen Tatsachen zum Trotz jahrzehntelang behauptet, Deutschland sei kein Einwanderungsland.
Wenn man die alten Forderungen Kohls nun wieder liest, stellt man freilich fest, wie sehr die Zeit über sie hinweggegangen ist. Heute zweifelt niemand mehr daran, dass gezielte Zuwanderung nötig ist. Gesellschaftlicher Konsens ist zudem, dass man den Menschen, deren Arbeitskraft man benötigt, auch verpflichtet ist. Deutschland ist heute liberaler, offener, toleranter und bunter. Und es gibt auch keine relevante politische Kraft mehr, die bestreitet, dass Rechte und Pflichten immer die beiden Seiten der gleichen Medaille sind. Dass Zuwanderer die Bringschuld haben, Deutsch zu lernen, unseren Rechtsstaat zu akzeptieren und sich auf Land und Leute einzulassen - auch das ist Allgemeingut. Kohls altes Denken ist passé.
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