Stuttgarter Zeitung: Leitartikel zu Ausländer/Asyl/Flüchtlinge
Stuttgart (ots)
20 Jahre ist es nun her, dass der Bundestag das Grundrecht auf Asyl eingeschränkt hat. Als Folge des Asylrechtskompromisses von 1993 verminderte sich die Zahl der Flüchtlinge, die Deutschland erreichten, schlagartig, was im Ergebnis nicht wenig zum innergesellschaftlichen Frieden beitrug. Freilich hatte auch dieser Frieden seinen Preis. Das Problem "Wohin mit den Flüchtlingen?" wurde nicht gelöst, sondern auf die Länder an den EU-Außengrenzen verlagert. Jetzt werden die Verfolgten und Armutsmigranten in Athen nachts durch die Straßen gejagt, jetzt kampieren sie in Pappkartonhütten im Nirgendwo irgendwo in Süditalien - wenn sie es überhaupt bis an die Küsten Europas schaffen.
Für Deutschland und die Bundesländer erwächst daraus eine Pflicht. Die liegt nicht darin, den Asylkompromiss zurückzudrehen. Aber sie besteht darin, mit den Menschen, die es bis hierher geschafft haben, menschenwürdig umzugehen. Die grün-rote Landesregierung hat mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz einen Anfang gemacht. Die Flüchtlinge sollen besser untergebracht werden, Geld- statt Sachleistungen erhalten und Deutsch lernen.
Die Bundesregierung könnte sich um eine Lockerung beziehungsweise Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylbewerber kümmern. Aber von dieser Seite ist wenig zu erwarten. Es war ja das Bundesverfassungsgericht, welches die schwarz-gelbe Koalition vor einem Jahr daran erinnerte, dass das Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus gilt.
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