Stuttgarter Zeitung: André Heller verteidigt Hochmut der Fifa-Bosse
Stuttgart (ots)
Der aus Wien stammende Künstler André Heller hat sich in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" verständnisvoll über die "Attitüden" im Weltfußballverband Fifa geäußert. Gleichzeitig verteidigte Heller, der für die Fifa die Eröffnungsgala der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gestaltet, den vielfach kritisierten Fußball-Globus, der zum Herzstück des WM-Kulturprogrammes gehört. Wenn man den Fußball-Globus auf einem mittelalterlichen Marktplatz als Zumutung empfinde, dann dürfe ihn man dort auch nicht aufstellen, sagte Heller. Das "Großartige" an dem Fußball-Globus sei, dass er nach ein paar Wochen wieder weg sei, während wirklich "grauenhafte Architektur" aber 50 Jahre später immer noch am Platze sei und die Augen beleidige. Im übrigen sei der Globus "unglaublich erfolgreich". Über seine Auftraggeber, die Fifa-Spitze, sagte Heller, dass er sie als "Herrschaften" erlebe, die ihm Schwierigkeiten aus dem Wege räumten. Der Fifa-Präsident Joseph Blatter sage zu ihm immer nur: "Erstaune uns." Dies habe die Attitüde von Herren, "die Hof halten", aber die Welt lasse sich diese Attitüde der Fifa auch immer gerne gefallen. Heller schilderte den "kniefälligen" Aufwand, mit dem Sepp Blatter beispielsweise einmal in einem Land wie dem Sudan empfangen worden sei, und man könne es den Chefs des Weltfußballverbandes nicht übel nehmen, "wenn nach Jahrzehnten dieser Dauerkniefälle das zu ihrer selbstverständlichen Wirklichkeit wird". Den OK-Chef Franz Beckenbauer bezeichnete Heller als "eine ungewöhnlich gelungene Figur". Der österreichische Multimediakünstler räumte ein, dass er die "Strahlkraft von Fußball" früher unterschätzt habe. Mittlerweile sehe er in diesem Sport einen Abglanz von Liebe und Erotik: "Am Wochenende zwei Stunden Leidenschaft mit unter Umständen fünf Tagen Vorspiel und einem lang anhaltenden Orgasmus nach dem Auszittern." Heller wagte im Gespräch mit der "Stuttgarter Zeitung", dem ersten Interview nach anderthalb Jahren, einen kurzen Ausblick auf die WM-Gala am 8. Juni 2006 in Berlin. Das "Allerschwächste", was dort passieren werde, das sei, dass ein paar Hundert Millionen Leute "mal ein Lied aus Ghana oder eine Melodie aus Kolumbien" hörten, man werde also die "Weltherrschaft der öden Hitparadenmentalität für 90 Minuten durchbrechen. <CF1201><TB></CF>
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