WirtschaftsVereinigung Metalle
Keine Wachstums- und Beschäftigungspotenziale mehr verschenken
Mehr Rücksicht auf Standortfaktoren
Kritik an Handels- und Energiepolitik
Düsseldorf/Berlin (ots)
Belastende politische Rahmenbedingungen und Standortfaktoren sowie Verzerrungen auf den Weltmärkten trüben die Zukunftsperspektiven der deutschen Leicht-, Bunt- und Edelmetallindustrie. Dies gilt für die inländischen Erzeuger von Aluminium, Kupfer und anderen Nichteisen-Metallen ebenso wie für die zumeist mittelständisch geprägte Verarbeitungsstufe, sagte der Präsident der WirtschaftsVereinigung Metalle (WVM), Dr. Karl Heinz Dörner, auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Spitzenverbandes der deutschen NE-Metallindustrie in Düsseldorf. Für das laufende Jahr rechnet die Branche noch mit einem leichten Plus in der Verarbeitung sowie im Gussbereich. Die Metallerzeugung werde hingegen nach mehreren Jahren stetigen Wachstums erstmals deutlich rückläufig sein.
Vor allem Handels- und Energiepolitik machen, so der WVM-Präsident, die Erzeugung und Verarbeitung von NE-Metallen in Deutschland zunehmend schwieriger. Hinzu kommen eine Vielzahl problematischer Produkt- und Steuervorschriften. Es sei riskant, diese Politik ungebremst fortzuführen.
Die deutsche NE-Metallindustrie ist mit rund 122 000 Beschäftigten und 28 Milliarden Euro Gesamtumsatz nicht nur ein bedeutender Standort- und Beschäftigungsfaktor. Die rund 660 Unternehmen der Branche sind ein unverzichtbarer Technologieträger für praktisch alle Industriebranchen.
Die Leistungspalette der deutschen NE-Metallindustrie reicht von der ressourcen- und energieeffizienten Metallerzeugung mit den weltweit höchsten Recyclingraten bis zur Entwicklung moderner Systemkomponenten in den Bereichen Verkehr, Bau, Anlagenbau, Elektrotechnik und Chemie. WVM-Präsident Dörner warnte davor, diese weltweit anerkannte Führungsposition weiterhin zu gefährden oder in Frage zu stellen.
Zu den zentralen Standortfaktoren der NE-Metallindustrie gehören im internationalen Maßstab wettbewerbsfähige Energiekosten. Wenn sich die Spirale der Energiekosten weiter nach oben drehe, würden erst die Hütten, dann Kraftwerke und dann die Verarbeitungsbetriebe dem Standort Deutschland den Rücken kehren müssen bzw. vom Netz gehen. Dörner erkannte an, dass die Bundesregierung mit Entlastungsregelungen für besonders energieintensive Betriebe bei der Ökosteuer, der KWK-Abgabe und den Umlagen zur Förderung erneuerbarer Energien erste Anzeichen einer weltmarktorientierten Standortpolitik erkennen lasse. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe wiederherzustellen, reiche dies aber bei weitem nicht aus. So forderte der WVM-Präsident eine deutliche Senkung des Staatsanteils an den Energiekosten, der heute für die Industrie bereits bei über 30 Prozent liege. Hierzu gehören u. a. gesetzlich veranlasste Kosten aus der Ökosteuer, der Kraft-Wärme-Kopplung und vor allen Dingen dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Die geplante Belastungsreduzierung für die Umlagen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz werde, so Dörner, wegen der hohen Eintrittsbarrieren nicht hinreichend sein und kündigte weitere intensive Gespräche mit der Bundesregierung an.
"Wenn keine Öffnung zum Mittelstand erfolgt und besonders energieintensive Unternehmen mit der geplanten Härtefallklausel schlechter gestellt werden, macht dies keinen Sinn", so Dörner.
Ein zusätzliches Gefährdungspotenzial für die Zukunft der deutschen NE-Metallindustrie sieht Dörner hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Handels mit Emissionszertifikaten für das Klimagas Kohlendioxid. "Der Emissionshandel muss dem Klima nutzen und nicht der Wirtschaft am Standort Deutschland schaden", stellte WVM- Hauptgeschäftsführer Martin Kneer fest. Zu befürchten sei, dass es durch den Emissionshandel zu einer deutlichen Verteuerung von Strom aus fossilen Energiequellen komme, auf den die deutsche Industrie nicht verzichten könne. "Die Erklärungen zum Klimaschutz aus Berlin als positives Marktinstrument stimmten mit den bisherigen Erfahrungen der Energie- und Klimapolitik nicht überein", so Kneer. Klimaschutz sei ein globales Anliegen und es sei weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, wenn Deutschland höchste Reduzierungen anstrebe und in anderen Ländern gleichzeitig Steigerungen stattfinden würden.
Der prognostizierte Rückgang der inländischen Kupfer- und Aluminiumerzeugung ist nach Ansicht des WVM-Hauptgeschäftsführers vor allem ein handelspolitisches Problem. So sei insbesondere der europäische Markt für Schrotte wegen der "aggressiven Einfuhrpolitik Chinas fast völlig ausgetrocknet." Dies gefährde die vorbildlichen Recyclingraten der deutschen Metallerzeugung, bedrohe den Welthandel und führe zu unkontrollierbarem Umweltdumping, erklärte Kneer. Auch die hohen Schutzzölle auf den Export von Schrotten aus Russland wirken sich nach Beobachtungen der WVM nachteilig auf die deutsche Metallerzeugung aus. Wie die WVM ermittelte, waren 2002 EU-weit noch rund 224 000 Tonnen Kupferschrott und knapp 150 000 Tonnen Aluminiumschrott verfügbar, im ersten Halbjahr 2003 haben sich die Mengen auf ein Viertel bzw. ein Drittel reduziert.
Zunehmend unübersichtlich gestaltet sich nach Meinung der deutschen NE-Metallindustrie die europäische und nationale Stoff- und Produktpolitik. Die hohe und ständig steigende Zahl von ordnungspolitischen Eingriffen hemme Innovationen und die Erprobung neuer Anwendungen. Damit gehe Wachstums- und Beschäftigungspotenzial verloren oder bleibe ungenutzt. Die europäischen Vorschläge zur Stoffpolitik hierzu müssten deutlich verändert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht zu gefährden.
Die deutsche NE-Metallindustrie fordert auf ihrer Mitgliederversammlung von der Bundesregierung und der EU verstärkt eine standortbezogene, wachstums- und beschäftigungssichernde Industrie- und Rohstoffpolitik.
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