Rechtsbruch auf Kosten der Armen
Sozialrechtsexperten aus Caritas und Diakonie schlagen Alarm
Freiburg (ots)
Das Thema Sozialmissbrauch ist in aller Munde und wird auch von manchen Politikern gerne bemüht, "Miami Rolf" wurde durch die Boulevardpresse im vergangenen Herbst zu einem der bekanntesten im Ausland lebenden Deutschen. Dagegen spricht so gut wie niemand darüber, dass Armen, chronisch kranken, behinderten oder pflegebedürftigen Menschen von Sozialämtern und anderen so genannten Sozialleistungsträgern in vielen Fällen ihre Rechte vorenthalten werden. 39 Justitiarinnen und Justitiare bei Caritas und Diakonie wollen dazu nicht länger schweigen. In einer Erklärung, die am Donnerstag in der in Freiburg erscheinenden Zeitschrift "neue caritas" veröffentlicht wird, schlagen die Sozialrechtsexperten Alarm. "Schwersten Schaden", so lautet ihr Fazit, nehme auf Dauer der soziale Rechtsstaat Deutschland, wenn Sozialbehörden "den Bruch von Gesetzen betreiben dürfen", ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.
An einer Reihe von Beispielen zeigen die Verfasser der Erklärung, dass bei Kranken- und Pflegekassen, bei Jugend- und Sozialämtern gesetzlich zustehende Leistungen oftmals in rechtswidriger Weise verweigert werden. Die Betroffenen würden dadurch in akute Notlagen gebracht, außerdem seien die Begründungen manchmal geradezu menschenverachtend und diffamierend. Das Argument, es handle sich dabei um bedauernswerte Einzelfälle, wollen die Juristen nicht gelten lassen. Vielmehr lege die Vielzahl dieser Einzelfälle den Schluss nahe, dass es sich dabei um eine "systematische Defizitpolitik" handle. Eine "konzertierte Aktion gegen hilfebedürftige und anspruchsberechtigte Menschen in Deutschland" unterstellen die Juristen nicht. Doch seien bei den knappen Kassen der Kommunen "Sozialhilfeempfänger(innen) bevorzugte Opfer für dezidierte oder auch nur indirekt formulierte Sparabsichten". Die Autoren zitieren sogar einzelne Verwaltungsanweisungen, bei denen es sich um "eine Aufforderung zur Missachtung des Gesetzes handle". Häufig fehle den Betroffenen der Mut und die Ausdauer, sich gegen "rechtswidriges Verwaltungshandeln" zu wehren. Aber auch ihr Vertrauen auf die Gerichte werde oft enttäuscht. Allein auf Grund der manchmal jahrelangen Verfahrensdauer seien selbst Existenzrechte" nicht mehr durch einen effektiven Rechtsschutz gesichert".
"Jeder Fall verweigerten Rechts ist ein Fall zu viel", merkt Georg Cremer, der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, in einem in dem selben Heft erscheinenden Kommentar an. Dass es nicht überall bei den Sozialämtern "im Argen liege" und manche Kommunalbehörden für ihre Arbeit ausgezeichnet werden, mindere nicht die Dringlichkeit dieser Erklärung. Es gehöre "zur Anwaltschaftlichkeit der Caritas, für die Rechte derer einzutreten, die auf einen korrekten Vollzug der Sozialgesetzgebung angewiesen sind".
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Die Ausgabe 1/2004 der Zeitschrift "neue caritas" kann bezogen
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