"Gesund altern" - Mehr und bessere Vorbeugung kann Gesundheitskosten reduzieren
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Stuttgart (ots)
Zusatzinformationen "Kostenentwicklung im Gesundheitswesen - Verursachen ältere Menschen höhere Kosten im Gesundheitswesen?" liegen in der digitalen Pressemappe zum Download vor.
Steigende Lebenserwartung und alternde Bevölkerung führen nicht zwangsläufig zu dem vielfach behaupteten Kollaps des Gesundheitswesens. Viele chronische Krankheiten, die vor allem im Alter auftreten und das Gesundheitssystem finanziell erheblich belasten, könnten durch gezielte Vorbeugung zeitlich hinausgezögert oder gar verhindert werden. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse von fünf Wissenschaftlern unter der Leitung des Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse. Das Gutachten war von der AOK Baden-Württemberg in Auftrag gegeben worden.
Nach den Erkenntnissen des Gutachtens lässt sich durch eine verbesserte Vorbeugung die Ausgabensteigerung im Gesundheitssystem deutlich beeinflussen. Allein Fortschritte der heilenden Medizin werden dagegen aller Wahrscheinlichkeit nach den Ausgabenanstieg nicht bremsen können. Roland Sing, Vorsitzender des Vorstandes der AOK Baden-Württemberg, erklärte, angesichts der Analyse der Studie sei ein verstärktes Umdenken in der Prävention dringend erforderlich. Er kündigte mehr Präventionsangebote speziell für ältere Versicherte an. "Unser aller Ziel muss es sein, gesund zu altern", sagte Sing. Nicht nur der Kosten, sondern auch der Lebensqualität wegen: "Noch besser als die geheilte Krankheit ist immer die verhinderte Krankheit."
Nach Kruses Darstellung eignet sich die demografische Entwicklung weder zur Verharmlosung noch zur Dramatisierung der Anforderungen an das Gesundheitssystem. "Dass die Zahl alter und sehr alter Menschen in unserer Gesellschaft wächst, heißt noch lange nicht, dass auch die Zahl der chronisch kranken, hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in gleichem Umfang steigt", sagte Kruse.
Im Gegenteil: "Die Menschen werden zwar immer älter, aber eben nicht immer kränker." Kruse verwies darauf, dass heutige 70-Jährige im Durchschnitt fünf Jahre gesünder sind als 70-Jährige vor 30 Jahren.
Diese Tendenz werde sich mit großer Wahrscheinlichkeit fortsetzen: "In den künftigen Generationen alter und sehr alter Menschen ist von einem höheren Anteil selbstständig lebender Menschen auszugehen als in heutigen Generationen." Nach dem Gutachten ist für die Gesundheitskosten deshalb nicht allein entscheidend, wie viele ältere Menschen in einer Gesellschaft leben, sondern wie gesund oder krank diese älteren Menschen sind: "Dabei müssen gewonnene Lebensjahre keine kranken Jahre sein."
In die Analyse gingen sowohl eigene Studien der fünf Wissenschaftler als auch Studien anderer Wissenschaftler ein.
Höchste Gesundheitskosten in den letzten beiden Lebensjahren
Derzeit fallen bei älteren Menschen deutlich höhere Gesundheitskosten pro Kopf an als bei jüngeren Altersgruppen. Unabhängig vom Alter der Betreffenden entstehen aber die meisten für einen Menschen benötigten Gesundheitsausgaben in dessen beiden letzten Lebensjahren (sogenannte "Sterbekosten"). Diese Gesundheitsausgaben für Sterbende liegen über den Ausgaben für gleichaltrige Überlebende. Mit wachsendem Lebensalter sinken diese "Sterbekosten".
Die im hohen Alter notwendigen Gesundheitsausgaben, die die Kassen und damit die Beitragszahler Jahr für Jahr aufbringen müssen, gehen nach dem Gutachten zu einem großen Teil auf chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes mellitus zurück. Rauchen, zu viel Alkohol, falsche Ernährung, zu viel Stress und zu wenig Bewegung begünstigen in hohem Maße solche chronischen Krankheiten.
Mehr Bewegung und richtige Ernährung zum Beispiel vermeiden Übergewicht. Dadurch sinkt das Risiko, an Altersdiabetes oder an Bluthochdruck zu erkranken. Wer einen normalen Blutdruck hat, erleidet mit geringerer Wahrscheinlichkeit einen Schlaganfall.
Die Möglichkeiten der Prävention sind nach Kruses Worten noch längst nicht ausgeschöpft. "Prävention macht nicht nur bei jungen Menschen Sinn", sagte er und betonte: "Es ist nie zu spät, mit der Vorbeugung zu beginnen." Kruse nannte in diesem Zusammenhang vor allem eine entsprechende Ernährung und Bewegung. Sportwissenschaftlern zufolge bewegt sich nur jeder zehnte Deutsche zwei Stunden oder mehr in der Woche. Nach Kruses Worten darf Vorbeugung aber nicht beim Verhalten der Versicherten stehen bleiben: "Vorbeugung muss sich ebenso auf die Lebenslage der Menschen beziehen." In der Arbeitswelt zum Beispiel seien die Ursachen für viele Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates zu suchen.
Mit Blick auf die Pflegeversicherung sagte Kruse: "Zwar steigt mit dem Alter auch das Risiko der Pflegebedürftigkeit. Allerdings ließe sich durch Früherkennung bestimmter Krankheiten und durch optimale Versorgung oftmals Pflegebedarf vermeiden. Auch bei vorliegenden chronischen Krankheiten ist nach Kruse die Prävention bedeutsam. Ein Beispiel für die Prävention mit dem Ziel, die Selbstständigkeit des Menschen zu erhalten, ist die Sturzprophylaxe. Durch Training der Muskulatur und durch Förderung der Mobilität wird ein bedeutsamer Beitrag zur Vermeidung von Stürzen geleistet.
Sing: Prävention stärken
AOK-Vorstandsvorsitzender Roland Sing verwies auf die Präventionsangebote der AOK wie Rückenschulen, Stressbewältigung, Ernährungsberatung und Bewegungsschulen.
"In Anbetracht der Erkenntnisse in dem Gutachten müssen diese Angebote verstärkt werden", sagte Sing. Zugleich betonte er, Gesundheitsvorbeugung dürfe nicht länger nur junge Menschen im Auge haben, sondern müsse alle Altersgruppen einbeziehen.
Sing verwies unter anderem auf die Aktion Sturzprävention und Mobilitätsverbesserung, die die AOK Baden-Württemberg zusammen mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg und dem Geriatrischen Zentrum Ulm ins Leben gerufen hat. Das Projekt soll dazu beitragen, dass ältere und alte Menschen ihre Mobilität nicht nur erhalten, sondern gar verbessern. Denn Mobilitätseinschränkungen führen zu einer Verschlechterung der Lebensqualität und können Stürze und Verletzungen zur Folge haben, was wiederum dazu führt, dass ältere Menschen mehr Pflege brauchen.
Das Gutachten im Internet unter: http://www.aok.de/bawue/download/pdf/expertise/expertise.pdf
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