Im Video: Skisprung-Legende Helmut Recknagel: "Ich traue Severin Freund den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee zu"
Main (ots)
Anlässlich der 64. Vierschanzentournee, die am 28. Dezember mit dem Skispringen in Oberstdorf startet, spricht Dr. Helmut Recknagel, dreifacher Tournee-Sieger und Mitglied der "Hall of Fame des deutschen Sports", im Video-Interview der Deutschen Sporthilfe über die Chancen von Severin Freund und dessen Konkurrenten, vergleicht die Veränderungen im Skisprung mit "Weißbrot und Vollkorn" und schlägt Jens Weißflog, Sven Hannawald und Martin Schmitt als zukünftige "Hall of Fame"-Mitglieder vor.
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Das Interview im Wortlaut:
Deutsche Sporthilfe: Herr Recknagel, wie wertvoll ist ein Sieg bei der Vierschanzentournee?
Helmut Recknagel: Wer eine Vierschanzentournee gewinnt, ist aus meiner Sicht auch ein Weltmeister.
Deutsche Sporthilfe: Wie schätzen Sie die Chancen der deutschen Skispringer bei der Tournee ein?
Helmut Recknagel: Die Ausgangslage sieht günstig aus. Ich denke jetzt an Klingenthal mit dem Mannschaftssieg und auch den dritten Platz von Severin Freund. Dann haben wir ja in Lillehammer gute Ergebnisse gehabt, und in Russland war das auch ganz ordentlich. Ich schätze Severin Freund am stärksten ein, und dann sehe ich auch mit Richard Freitag einen guten Mann. Also die Chancen sind gut, ein Sieg wäre möglich, wenn alles passt.
Deutsche Sporthilfe: Welche Chancen hat Severin Freund, der im vergangenen Winter den Gesamt-Weltcup gewonnen hatte?
Helmut Recknagel: Severin Freund traue ich den Gesamtsieg zu, weil er bisher bewiesen hat - auch in der vergangenen Saison -, dass er zur Weltspitze gehört. Er ist sprungstark, hat ein hervorragendes Fluggefühl, fast immer eine sichere Landung, ist psychophysisch stabil und mental hervorragend.
Deutsche Sporthilfe: Wen sehen Sie als seine stärksten Konkurrenten an?
Helmut Recknagel: Die größten Rivalen kommen aus Norwegen. Nicht zu verachten sind Michael Hayböck und Stefan Kraft aus Österreich. Und mein großer Favorit - muss nicht immer zutreffen - ist Peter Prevc aus Slowenien, der, wenn er so weitermacht, schwer zu schlagen ist.
Deutsche Sporthilfe: Sie waren in den 50er/60er Jahren aktiv - was sind seitdem Ihrer Meinung nach die größten Veränderungen im Skisprung?
Helmut Recknagel: Der Schanzenbau hat sich technisch so gut entwickelt, dass die Sprünge heute an die großen Weiten herangehen, bis an 150 Meter. Für mich ist das heute durch die langgestreckten Flüge eine sogenannte "Weißbrot-Welt". Zu meiner Zeit - lange zurück, vor 50 Jahren - da war das "Vollkorn". Wir standen viel höher in der Luft, hatten nicht die großen Weiten.
Deutsche Sporthilfe: Gibt es Dinge, die Sie im heutigen Wettkampfsystem verändern würden?
Helmut Recknagel: Die vielen Wettkämpfe könnte man anzahlmäßig verkürzen. Eine Weltmeisterschaft mit nur zwei Sprüngen zu entscheiden, ist vielleicht nicht die Perspektive. Man müsste vielleicht drei große Sprungläufe zusammenrechnen und dann steht der Weltmeister, auf der Normalschanze und auf der Großschanze.
Deutsche Sporthilfe: In diesem Jahr wurde Hans-Georg Aschenbach als zweiter Skispringer neben Ihnen in die "Hall of Fame des deutschen Sports" aufgenommen. Wer gehört Ihrer Meinung als nächstes in diese Ruhmeshalle?
Helmut Recknagel: Jens Weißflog, Martin Schmitt, Sven Hannawald. Jens Weißflog ist meine Nummer eins: zweimal Olympiasieger im Einzel, in zwei unterschiedlichen Stilarten, und einmal mit der Mannschaft. Sven Hannawald ist Olympiasieger und hat die vier Tagessiege im Rahmen der Vierschanzentournee. Martin Schmitt war Weltmeister und Olympiasieger mit der Mannschaft. Alles prima. Die drei könnte ich mir in der "Hall of Fame" vorstellen.
Zur Person: Dr. Helmut Recknagel (* 20. März 1937 in Steinbach-Hallenberg/Thüringen)
Helmut Recknagel gewann dreimal die Vierschanzentournee (1957/58, 1958/59, 1960/61). Bei den Olympischen Spielen 1960 in Squaw Valley krönte er sich zum Olympiasieger (was gleichzeitig dem Weltmeistertitel entsprach) und war zudem Fahnenträger der gesamtdeutschen Mannschaft. Bei Weltmeisterschaften siegte Recknagel 1962 auf der Großschanze und gewann 1958 (Großschanze) und 1962 (Normalschanze) jeweils eine Bronzemedaille. Nach den Olympischen Spielen 1964 beendete er seine Karriere. Dem Sport blieb er bis Anfang der 1990er Jahre als Sprungrichter verbunden, zudem war er von 1970 bis 1990 Persönliches Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee der DDR. 2011 wurde "die deutsche Skisprunglegende" in die "Hall of Fame des deutschen Sports" aufgenommen.
Zum "Hall of Fame"-Portrait: http://bit.ly/1V2lZBF
Abdruck honorarfrei. Quelle: Deutsche Sporthilfe
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