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Flussbad Berlin: PR-Auftrag in die eigene Tasche
Berlin (ots)
Bei einer Auftragsvergabe des Vereins Flussbad Berlin besteht der Verdacht auf Unregelmäßigkeiten. Der Verein hat im Mai 2017 im Rahmen eines Vergabeverfahrens einen PR-Auftrag in Höhe von knapp 60.000 Euro an die Firma realities:united vergeben, die Jan Edler, dem Vorsitzenden des Vereins, und seinem Bruder Tim Edler gehört. Die Auftragssumme war zudem um gut 15.000 EUR höher als ursprünglich vorgesehen, eine Steigerung um ca. 25 %. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Redaktion rbb24-Recherche vorliegen. Finanziert wurde der Auftrag aus Fördergeldern des Landes Berlin und des Bundes. Die Entscheidung für den Zuschlag wurde von der heutigen Schatzmeisterin, die damals Geschäftsstellenleiterin war, und ihrem Vorgänger getroffen. Letzterer war ausweislich seiner Vita wenige Jahre zuvor freier Mitarbeiter von realities:united.
Die öffentlichen Geldgeber wurden seinerzeit über das Vergabeverfahren und die Vergabeentscheidung in Kenntnis gesetzt, stellten das aber nicht in Frage. Inzwischen sieht zumindest die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen - die politische Verantwortung wechselte von der Linken zur SPD - die Sache anders. Martin Pallgen, Sprecher von Senator Andreas Geisel erklärt dazu: "Flussbad e.V. hat bei der Vergabe des Auftrags gegen vergaberechtliche Auflagen des Bewilligungsbescheids verstoßen. Für die Ausschreibung wurde ein nicht korrektes Vergabeverfahren gewählt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen prüft nun eine Rückforderung von Teilen des Förderbetrags."
Auf Seiten des Vereins wird der Vorgang dagegen als völlig unproblematisch bewertet. In einer Antwort der Flussbad e.V.-Schatzmeisterin auf eine Anfrage von rbb24-Recherche heißt es, die Initiative für das Flussbad basiere nun mal auf einer Idee des von den Brüdern Tim und Jan Edler geführten Büros realities:united. Die angeführte personelle Überschneidung zwischen der beauftragten Firma und dem Verein sei wenig überraschend, sondern "Teil der 'DNA' des Projekts". Es habe außerdem eine regelmäßige Begleitung der Vergabeprozesse durch die Senatsverwaltung und den Bund gegeben. Ein Vergabeverstoß liege nach "Kenntnis" des Vereins nicht vor.
Der Vergaberechtsexperte Prof. Stephan Tomerius von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht bewertet die Sache anders. Nach Sichtung der vorliegenden Unterlagen kommt er zu dem Schluss, dass der Vorgang unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit in einem Bieterwettbewerb durchaus zu beanstanden sei. Auf Seiten der Eigentümer von realities:united hätten wegen ihrer Funktionen im auftraggebenden Verein möglicherweise Vorkenntnisse über den Auftrag bestanden, die andere potenzielle Bieter nicht hatten. Außerdem seien mögliche Interessenkonflikte erkennbar, die in einem solchen Vergabeverfahren von Rechts wegen hätten vermieden werden müssten. Prof. Tomerius kritisiert auch, dass der Senat über die Personenidentität zwischen Vereinsvorstand und Bieter-Firma seinerzeit hinweggesehen habe.
Vor zwei Wochen war durch einen Bericht von rbb24-Recherche über eine parlamentarische Anfrage bekannt geworden, dass für das Projekt Flussbad Berlin bereits rund 6 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln an den Verein gegangen sind, eine weitere gute Million steht noch zur Auszahlung an. Ob es zu einer Realisierung des Projektes im Spreekanal in der Mitte Berlins kommt, ist angesichts der Kostenfrage und diverser technischer und rechtlicher Fragen nach wie vor unsicher.
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