Röchling baut Kunststoffgeschäft aus
Mannheim (ots)
- Mannheimer Gruppe vor Übernahmen im Kunststoffbereich
- Röchling jetzt schuldenfrei
- Ergebnisdelle wegen DeTeWe
- Hervorragende Position in der Kunststoffverarbeitung
Das Geschäftsjahr 2004 stand für die Röchling-Gruppe im Zeichen der Konzentration auf das Kunststoffgeschäft. In der nächsten Zeit sind Übernahmen von Unternehmen der Kunststoffverarbeitung geplant. Weitere Schwerpunkte legte die weltweit operierende Unternehmensgruppe auf die Stärkung der Finanzkraft und die Konsolidierung der Tochtergesellschaft DeTeWe. Diese litt vor allem unter dem Preiskampf im Telekommunikationsmarkt und der schwachen Konjunktur in Deutschland.
Im Zuge der Fokussierung auf die Kunststoffverarbeitung verkaufte Röchling drei Unternehmen aus dem Geschäftsbereich Elektronik: die Tochtergesellschaften GMC und FHF sowie in diesem Jahr die Francotyp- Postalia-Gruppe, Marktführer in Europa für Frankiermaschinen und Kuvertiersysteme. Der Unternehmensbereich Elektronik besteht jetzt noch aus der DeTeWe-Gruppe und der BEA-Gruppe. Vor allem durch Reduzierung des Working-Capital wurden die Finanzverbindlichkeiten weiter abgebaut. In den vergangenen vier Jahren wurden diese von -238 Mio. auf -35 Mio. Euro im Jahr 2004 reduziert. Im Zuge des Verkaufs von Francotyp-Postalia ist die Röchling-Gruppe nun per Saldo frei von Bankschulden.
"Damit haben wir uns den notwendigen Spielraum für unsere Akquisitionen im Kunststoffgeschäft verschafft", erläuterte Georg Duffner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Röchling-Gruppe. "Röchling vollzieht den Wandel vom in vielen Branchen positionierten Technologiekonzern zum reinen Kunststoffspezialisten. Kaum ein Material bietet vielseitigere Eigenschaften und ein höheres Innovations- und Wachstumspotenzial. Als Technologieführer sind wir in diesem bedeutenden Zukunftsmarkt bestens aufgestellt." Der Unternehmensbereich Technische Kunststoffe steigerte in den vergangenen drei Jahren seinen Umsatz aus eigener Kraft um 30 Prozent von 290 Mio. auf 378 Mio. Euro. Duffner: "Kein anderer Werkstoff wird in diesem Jahrhundert ähnlich an Bedeutung gewinnen wie Kunststoff. Dieses Geschäft bietet für uns gute und dauerhafte Ertragschancen."
Röchling-Gruppe übernimmt Seeber Belgium
Im Zuge der beginnenden Expansion in diesem Bereich übernahm die Röchling-Gruppe im Mai dieses Jahres die restlichen 50 Prozent der Anteile des Kunststoffherstellers Seeber Belgium N.V vom Joint Venture-Partners Denderland Martin N.V. "Unser Ziel ist es, den Standort als Zulieferer für Fertigungen von Automobilunternehmen in Belgien, Nordfrankreich und Großbritannien weiter auszubauen." Kunden von Seeber Belgium sind unter anderem Opel, Ford, Landrover und Volvo.
Das Wachstum im Kunststoffgeschäft konnte jedoch den Umsatzrückgang der DeTeWe-Gruppe nicht in vollem Umfang kompensieren. So gab der Gesamtumsatz der Röchling-Gruppe um 8,3 Prozent auf 1.396 Mio. Euro nach. Bereinigt um Änderungen im Konsolidierungskreis und Wechselkursdifferenzen lag der Umsatzrückgang bei 3 Prozent. Der Auftragseingang ging um 6,9 Prozent auf 1.367 Mio. Euro zurück. Die Röchling-Gruppe erzielte im Jahr 2004 ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) von 36,3 Mio. Euro (49,6 Mio. Euro 2003) und ein Vorsteuerergebnis (EBT) von 23,7 Mio. Euro (36,4 Mio. Euro 2003). Maßgeblich waren die Einbußen aus dem Telekommunikationsgeschäft und die daraus resultierenden hohen Einmalaufwendungen im Rahmen des Sozialplans und von Wertberichtigungen. Die Mitarbeiterzahl ging aufgrund der Verkäufe und des Personalabbaus um 12,1 Prozent auf 7.994 zurück.
Technische Kunststoffe legen um 11 Prozent zu
Der aus der Röchling Engineering Plastics-Gruppe (REP) und der Sustaplast-Gruppe bestehende Unternehmensbereich Technische Kunststoffe steigerte seinen Umsatz um 11 Prozent auf 378 Mio. Euro. Der Auftragseingang wuchs um 8 Prozent auf 379 Mio. Euro, während der Auftragsbestand von 41 Mio. auf 43 Mio. Euro zulegte. Die Zahl der Beschäftigten stieg wegen der guten Geschäftsentwicklung um 6 Prozent auf 1.944. Die Tochtergesellschaften des Unternehmensbereichs bauten ihre Marktführerschaft weiter aus. Der steigende Absatz im Elektronikgeschäft beflügelte den Umsatz mit Durostoneprodukten (Glasfaser verstärkte Kunststoffe/Kunstharzpressholz). Auch das Thermoplastgeschäft - u.a. Platten, Rundstäbe und Profile aus Kunststoff - zog weiter an. Maßgeblich waren sowohl eine wachsende Nachfrage als auch die Erhöhung der Verkaufspreise im zweiten Halbjahr 2004.
Sowohl bei REP als auch bei Sustaplast war das Geschäft von drastischen Preiserhöhungen bei Rohstoffen geprägt. Zu den wichtigsten Investitionen des Unternehmensbereichs zählte die Erweiterung der Produktion der Tochtergesellschaft REP um 3.200 Quadratmeter und zwei Extrusionsanlagen für Polyolefine am Hauptsitz in Haren. Eine entsprechende Anlage ging auch in Singapur in Betrieb. Zudem eröffnete die Röchling Engineering Plastics-Gruppe dort ein Logistikzentrum zur Belieferung von ganz Asien. Ein weiteres Logisitikzentrum nahm Sustaplast in den USA in Betrieb. Darüber hinaus erweiterte der Unternehmensbereich Technische Kunststoffe seine Produktion - durch eine Rohr- und Formfertigung bei Sustaplast/Lahnstein - in Deutschland sowie in der Tschechischen Republik und in Shanghai/China. Dort gründete REP eine Tochtergesellschaft zur Herstellung von thermoplastischen Halbzeugen.
Automobiltechnik: Spitzenposition in Produkt- und Verfahrensentwicklung
Im Unternehmensbereich Automobiltechnik - hierzu gehören die Seeber-Gruppe und das Röchling Kaltwalzwerk - gab der Umsatz 2004 gegenüber dem Vorjahr leicht nach. Er sank um 3,5 Prozent auf 585 Mio. Euro. Aufgrund der schwächeren Nachfrage ging die Mitarbeiterzahl um 7,5 Prozent auf 3.375 Beschäftigte zurück. Das Geschäft der Seeber-Gruppe wird zunehmend von der Spitzenposition in der Produkt- und Verfahrenstechnik bestimmt. So besitzt Seeber-Röchling Automotive zahlreiche Alleinstellungsmerkmale wie z. B. bei Luftleitungen des Ansaugsystems. Seit vorigem Jahr kooperiert das Unternehmen mit dem italienischen Automobilzulieferer Cornaglia. Die Zusammenarbeit eröffnet über den Einsatz von Filtern den Weg in den After-Sales-Market, weil diese Produkte regelmäßig ausgetauscht werden müssen. Zugleich ist dies ein weiterer Schritt in Richtung Modulanbieter und verbessert die Wettbewerbsposition deutlich. Hinzu kam der Ausbau neuer Technologien wie insbesondere die Entwicklung und Produktion superleichter Unterbodenverkleidungen aus LWRT (Low Weight Reinforced Thermoplastics).
Während der Unternehmensbereich Automobiltechnik im Jahr 2004 die Errichtung zusätzlicher Produktionsstandorte in Osteuropa vorantrieb, verliefen in China die Verhandlungen über Neuaufträge vielversprechend. So erhielt das Joint Venture in Changchun den Folgeauftrag des VW-Modells Bora. Neben VW haben mit BMW, DaimlerChrysler und Audi mittlerweile auch die wichtigsten Kunden des Unternehmens im chinesischen Markt Fuß gefasst.
Elektronik: Rekordjahr für Francotyp-Postalia
Im Unternehmensbereich Elektronik gab der Umsatz aufgrund der Schwierigkeiten bei DeTeWe um 22 Prozent auf 492 Mio. Euro nach. Die Mitarbeiterzahl ging um 25 Prozent auf 2.821 Beschäftigte zurück. Die Francotyp-Postalia-Gruppe blickt auf das erfolgreichste Geschäftsjahr ihrer Unternehmensgeschichte zurück. Wachstumsmotor war insbesondere die hohe Nachfrage nach Maschinen mit dem neuen Frankierungsprogramm "FrankIT" der Deutschen Post.
Auftragsstau, harter Wettbewerb und Preisverfall prägten den Telekommunikationsmarkt im Jahr 2004. Diese schwere Krise traf besonders die DeTeWe-Gruppe. Für das Unternehmen wurde deshalb ein grundlegender Umbau beschlossen. Seit Januar 2005 präsentiert sich die DeTeWe-Gruppe mit einer neuen Struktur. Im Rahmen dieser Sanierung sind die Bereinigung der Produktpalette und ein erheblicher Personalabbau vollzogen worden.
Fazit 2004: Finanzkraft gestärkt und Technische Kunststoffe vorangetrieben
Trotz der Ergebnisdelle, die durch DeTeWe verursacht wurde, gelang es der Röchling-Gruppe im Geschäftsjahr 2004 ihre Finanzkraft entscheidend zu stärken. Hierzu trug Francotyp-Postalia mit einem Rekordergebnis bei. Der Bereich Automobilteile profitierte von der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren, und die gute Position im Wachstumsmarkt Technische Kunststoffe konnte weiter ausgebaut werden.
Erstes Quartal 2005: Start mit Gegenwind
Für die Röchling-Gruppe war der Start ins Geschäftsjahr 2005 von einem ungünstigen wirtschaftlichen Umfeld gekennzeichnet. Dies drückte sich unter anderem in enormen Preissteigerungen beim Rohmaterial und einem deutlich schwächeren Automobilgeschäft aus. Der Umsatz gab um 16 Prozent (bereinigt um Konsolidierungseffekte um 10 Prozent) auf 298,3 Mio. Euro nach. Der Unternehmensbereich Technische Kunststoffe verbuchte ein leichtes Umsatzwachstum. Die Orientierung der Röchling-Gruppe auf das Kunststoffgeschäft spiegelt sich im steigenden Gewicht dieser Aktivitäten innerhalb des Konzerns wider. So stieg der Anteil der Kunststoffverarbeitenden Unternehmen am Gesamtumsatz von 65 Prozent im entsprechenden Vorjahresquartal auf 71 Prozent im ersten Quartal 2005. Dieser Anteil soll bereits im laufenden Geschäftsjahr weiter wachsen.
Ausblick 2005: Steigerung der Ertragskraft trotz großer Herausforderungen
Die anhaltend schwierige Situation im Automobilmarkt und die enormen Preiserhöhungen beim Rohmaterial für Kunststoffe stellen die Röchling-Gruppe vor große Herausforderungen. Trotzdem ist das Unternehmen zuversichtlich, auf seinem Weg zur Steigerung des Ertrags und zum vollständigen Schuldenabbau auch im Geschäftsjahr 2005 aus eigener Kraft weiter voranzukommen.
Weitere Entwicklung der Röchling-Gruppe
Langfristiges Ziel der Röchling Gruppe ist es, bei einer Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent eine Rendite von mindestens fünf Prozent zu erzielen. Durch eine Reihe von Zukäufen soll die Position im Kunststoffbereich stark ausgebaut werden. "Im Markt der Kunststoffverarbeitenden Industrie sehen wir großes Potenzial für Zukäufe", sagte Duffner. "Als Verbund mittelständischer Unternehmen mit dem gemeinsamen Thema Kunststofftechnik werden wir unsere führende Position in Europa weiter ausbauen. Zugleich wollen wir in Amerika wachsen und in Asien stark expandieren."
Unternehmensportrait Röchling-Gruppe:
Die Röchling-Gruppe konzentriert sich als weltweit operierender Technologiekonzern auf die drei Unternehmensbereiche Technische Kunststoffe, Automobiltechnik und Elektronik. Der Unternehmensbereich Technische Kunststoffe besteht aus der Röchling Engineering Plastics KG, der Sustaplast-Gruppe. Er kommt mit einem weit gefächerten Angebot hochleistungsfähiger Produkte der wachsenden Nachfrage der Industrie nach immer leichteren Werkstoffen entgegen, die zugleich extreme Festigkeit und beste Formbarkeit gewährleisten. Weitere Eigenschaften der vielseitigen Produktpalette sind höchste Verschleiß- und Abriebfestigkeit, beste Gleitfähigkeit und optimale Isoliereigenschaften. Zu den Kompetenzen des Unternehmensbereichs Automobiltechnik mit den Unternehmen Seeber-Gruppe und Röchling Kaltwalzwerk gehört die Fertigung von Leichtbauteilen aus Kunststoff für nahezu alle namhaften Automobilhersteller weltweit. Einsatzgebiete sind insbesondere der Innen- und Motorraum sowie Unterböden. Zudem liefert der Unternehmensbereich kaltgewalzten, phosphatierten und gehärteten Bandstahl vor allem für Motorenelemente. Der dritte Unternehmensbereich Elektronik besteht aus den Teilkonzernen DeTeWe und BEA. Hier ist der Konzern mit einem umfassenden und innovativen Produktspektrum für die Sprach- und Datenkommunikation auf einem Spitzenplatz in Europa positioniert. Weiteres Geschäftsfeld ist der Bau von Industrieanlagen mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik und Automation.
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