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Restschuldversicherungen: Welcome-Letter verzerren Absicht des Gesetzgebers
Marktwächter-Umfrage: Anschreiben der Versicherer rücken wichtige Informationspflichten in den Hintergrund
Hamburg/Berlin (ots)
Restschuldversicherer konterkarieren die ihnen vom Gesetzgeber auferlegten Informationspflichten. Das ergab eine Anbieterumfrage des Marktwächter-Teams der Verbraucherzentrale Hamburg unter 24 Restschuldversicherern. Seit Anfang 2018 sind Restschuldversicherer dazu verpflichtet, Neukunden eine Woche nach Vertragsschluss erneut schriftlich über ihr Widerrufsrecht zu belehren und nochmals das Produktinformationsblatt auszuhändigen.
Keiner der von den Anbietern in diesem Zusammenhang verschickten sogenannten Welcome-Letter erfüllt nach Ansicht der Marktwächter in vollem Umfang die gesetzgeberische Absicht, unabhängig vom Kreditvertrag neutral über das Widerrufsrecht zu informieren. Zuvor hatten die Marktwächterexperten der Verbraucherzentrale Hamburg Anforderungen entwickelt, die die Welcome-Letter unter der Maßgabe der gesetzgeberischen Absicht erfüllen sollten.
"Einige Unternehmen entfremden die Welcome-Letter als Werbemittel. Dabei sollte dieser ausschließlich auf die neuen Informationspflichten hinweisen und dem Neukunden die Widerrufsbelehrung und das Produktinformationsblatt ankündigen", kritisiert Sandra Klug, Teamleiterin Versicherungen beim Marktwächter Finanzen der Verbraucherzentrale Hamburg. "Dieses Vorgehen untergräbt die Informationspflicht gegenüber den Verbrauchern." 18 der 24 untersuchten Welcome-Letter enthalten leistungsbezogene oder werbliche Ausschmückungen, die vom eigentlichen Zweck des Schreibens ablenken können.
Zentrale Botschaft für Verbraucher nicht immer vorhanden
Gerade einmal 15 der 24 untersuchten Welcome-Letter weisen darauf hin, dass der Widerruf der Restschuldversicherung keine Auswirkung auf den Kreditvertrag hat. Dabei ist das eine zentrale Botschaft, die laut dem Willen des Gesetzgebers beim Verbraucher ankommen sollte.
Lediglich sechs der untersuchten Welcome-Letter informieren darüber, dass eine rechtliche Verpflichtung zur erneuten Übersendung der Widerrufsbelehrung und des Produktinformationsblattes besteht. Nur fünf benennen den Beginn der Widerrufsfrist für die Restschuldversicherung richtig und vollständig.
In zwei Welcome-Lettern befindet sich ein Hinweis darauf, dass im Falle eines Widerrufes der Restschuldversicherung der Versicherungsschutz verloren geht. "Solche Aussagen sind nur in Ordnung, solange sie im Gesamtkontext den Verbraucher nicht verunsichern und geeignet sind, ihn vom Widerruf abzuhalten", moniert Klug.
Für Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt, zeigt das Ergebnis, dass die ohnehin halbherzige Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Restschuldversicherungen per erneuter Widerrufsbelehrung nur unzureichend umgesetzt wird. "Die Bundesregierung muss endlich Nägel mit Köpfen machen!", sagt sie. "Um Fehlberatungen bei Restschuldversicherungen insgesamt zu unterbinden, muss neben einem Provisionsdeckel der Verkauf zeitlich von der Kreditvergabe entkoppelt werden. Die Prämie für die Restschuldversicherung muss als laufender, monatlicher Beitrag ausgestaltet sein und darf nicht über den Kredit finanziert werden", so Mohn.
Methodik zur Umfrage:
Im Rahmen der Umfrage wurden am 22.02.2019 insgesamt 67 Anbieter von Restschuldversicherungen angeschrieben. Die Anbieter wurden gebeten, ein Muster der von ihnen verwendeten Welcome-Letter bis zum 22.03.2019 zur Verfügung zu stellen. Angefragt wurden Versicherer, die nach Marktwächterinformationen Restschuldversicherungen anbieten. Die Hinweise auf diese Anbieter stammen aus einer Voruntersuchung und aus Beratungsfällen der Verbraucherzentralen. Diese Daten wurden mit der Unternehmensdatenbank der BaFin abgeglichen. Alle so ermittelten Anbieter erhielten ein Umfrageanschreiben. Insgesamt liegen dieser Untersuchung 24 Welcome-Letter zugrunde.
Über den Marktwächter Finanzen:
Der Marktwächter Finanzen ist ein Projekt, mit dem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen den Finanzmarkt aus Perspektive der Verbraucher beobachten. Hierfür werden Beschwerden und Beratungen von Verbrauchern aus allen 16 deutschen Verbraucherzentralen über ein Frühwarnnetzwerk systematisch ausgewertet. Zudem werden empirische Untersuchungen durchgeführt. So können Schwachstellen und Fehlentwicklungen erkannt, Verbraucher frühzeitig gewarnt und Aufsichts- und Regulierungsbehörden bei ihrer Arbeit unterstützt werden. Insgesamt untersuchen fünf Schwerpunkt-Verbraucherzentralen den Finanzmarkt: Baden-Württemberg (Geldanlage und Altersvorsorge), Bremen (Immobilienfinanzierung), Hamburg (Versicherungen), Hessen (Grauer Kapitalmarkt) und Sachsen (Bankdienstleistungen und Konsumentenkredite). Der Marktwächter Finanzen wird durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) gefördert. www.marktwaechter.de/finanzen
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