vzbv - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Funktionelle Getränke: - Schlechte Noten für Getränke mit Zusatznutzen - rasche Gesetze zu Lebensmittelanreicherung und Werbeaussagen gefordert
Berlin (ots)
Berlin, 27. November 2003 - Getränke mit angepriesenem Zusatznutzen halten nicht, was sie versprechen. In einigen Fällen entpuppen sich die angeblichen Heilsbringer sogar als potentiell gesundheitsschädlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Marktanalyse der Verbraucherzentralen von so genannten Funktionellen Getränken, die durch die Anreicherung verschiedener Wirksubstanzen ein Plus an Gesundheit, Vitalität oder Power versprechen. "Die Getränke erwecken den Eindruck, man müsste nur zugreifen, um gesund, ewig jung oder vital zu sein", so Professor Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). In einigen Fällen könne genau das Gegenteil eintreten.
Um die Irreführung durch Werbeaussagen zu unterbinden und die Verbraucher vor möglichen Gesundheitsgefahren zu schützen, hat EU- Verbraucherschutzkommissar David Byrne zwei Verordnungsentwürfe zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln (Health Claims) sowie zur Lebensmittelanreicherung vorgelegt. Der vzbv fordert die Bundesregierung und die deutschen Vertreter im Europäischen Parlament auf, die Entwürfe mit Nachdruck zu unterstützen und zur Verabschiedung zu bringen. Zudem müssen die Mitgliedstaaten durch weitreichende Sanktionen und eine konsequente Überwachung sicherstellen, dass die Vorschriften auch wirklich eingehalten werden.
Markterhebung: Funktionelle Getränke - Alkoholfreies mit Zusatznutzen?
Im Rahmen der Untersuchung der Verbraucherzentralen wurden in sechs Bundesländern 238 ACE-Getränke, Energy Drinks, Sportler-Getränke, Probiotische Milchgetränke, Frühstückdrinks, Vitamingetränke, Wellness-Getränke und Wässer mit verschiedenen Wirksubstanzen eingekauft und bewertet. Insgesamt enthalten die Getränke mehr als 100 verschiedene zugesetzte Wirksubstanzen (bis zu 13 pro Getränk), von Apfelessig und Aloe Vera über Johanniskraut, Kombucha, Vitaminen bis Zitronengras. Dabei versprechen manche Produkte wahre Wunder. Die Palette der Werbeaussagen reicht von "Wahres Gesundheitselixier", "Quelle ewiger Jugend", "Pfad zu langem Leben" bis "Die Omega-3-Fettsäure DHA braucht ihr Körper täglich" oder "mehr Calcium und Magnesium für die Muskelfunktion". ACE-Säfte etwa werden mit Aussagen wie "Schütz Dich" oder "hochdosiert für Ihre Gesundheit" beworben. Weitere Ergebnisse der Markterhebung:
- Die meisten Aussagen beziehen sich lediglich auf die potentielle Wirkung der zugesetzten Substanz, nicht aber auf die Gesamtwirkung des Getränks. - Bei Energy Drinks ignorieren fast alle Anbieter die Empfehlungen des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zur Warnung vor unterwünschten Nebenwirkungen bei ausgiebiger Sportbetätigung oder in Kombination mit Alkohol. - Bei der Nährwertkennzeichnung werden teilweise schlicht falsche Angaben gemacht, etwa durch eine falsche Zahl oder eine falsche Maßeinheit. - Zudem werden Bestandteile hervorgehoben, die im Produkt lediglich in Spuren oder als Aroma enthalten sind. So enthält z.B. ein Trauben- Papaya-Getränk gerade mal 0,5 % Fruchtsaft.
"Die weit überzogenen Darstellungen zu gesundheitsfördernden Wirkungen der verschiedenen Zutaten entbehren zumeist jeglicher wissenschaftlicher Grundlage", so Angela Clausen, Ernährungsreferentin der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen.
Noch viel schlimmer: In Einzelfällen könnten die Produkte sogar zur Schädigung der Gesundheit führen. Problematisch sei vor allem die Anreicherung mit Beta-Carotin. Aus Studien ist bekannt, dass Beta- Carotin in isolierter Form schon bei einer täglichen Aufnahme von nur 20 mg bei starken Rauchern und Menschen mit Herz-Kreislauf- Erkrankungen Gesundheitsschäden verursachen kann. "Auch sonst lassen die zugesetzten Mengen kein ernährungswissenschaftliches Konzept erkennen", so Clausen. Als Beispiel nannte sie ein Kindergetränk mit einem doppelten Gehalt Vitamin-B12 der empfohlenen Tagesdosis für Erwachsene in 100 ml. Nicht minder problematisch sei der Einsatz von Arzneipflanzen. "Entweder sie sind nur in geringen Mengen enthalten und dann weder nützlich noch schädlich oder aber höher dosiert ein schwer kalkulierbares Risiko."
Die Ergebnisse der Studie zeigen dringenden Handlungsbedarf auf. Aus Sicht des vzbv dürfen Anreicherungen von Lebensmitteln nur dann vorgenommen werden, wenn ein erkennbarer gesundheitlicher Nutzen damit verbunden ist. Konkret fordert der vzbv für einen vorsorgenden Gesundheitsschutz und zur Verhinderung der Irreführung der Verbraucher:
- Eine rasche Verabschiedung des von EU-Verbraucherkommissar Byrne vorgelegten Verordnungsentwurfs zur Anreicherung von Lebensmitteln (Fortification). Zu begrüßen sind: - Die Einführung einer EU-weit gültigen Positivliste für die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen und Mineralien. Diese muss jedoch auf andere Zusätze (Sekundäre Pflanzenstoffe, isolierte Ballaststoffe, essentielle Fettsäuren, Aminosäuren) ausgeweitet werden. Dabei muss auch festgelegt werden, ob Stoffe mit Arzneicharakter (z.B. Johanniskraut, Ginseng) und Substanzen mit bisher ungeklärter Wirkungsweise (z.B. Taurin, Glucuronolacton) künftig überhaupt noch zugesetzt werden dürfen. - Die Festlegung von Höchstmengen für die Anreicherung von Lebensmitteln. Bisher sind im Entwurf lediglich Kriterien für die Höchstmengen von Vitaminen und Mineralien vorgesehen. Hier brauchen wir dringend auch Regelungen für andere Zusätze (s.o.). Die Mengen müssen so dosiert sein, dass Warnhinweise hinfällig sind und alle Bevölkerungsgruppen das Produkt ohne Gesundheitsschäden konsumieren können. Die rasche Verabschiedung des EU-Verordnungsentwurfs zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln (Health Claims). Der Verordnungsentwurf regelt im wesentlichen, unter welchen Bedingungen Nährwertangaben wie z.B. fett- oder zuckerarm gemacht werden können. Zudem werden Bedingungen für die Verwendung gesundheitsbezogener Werbeaussagen festgelegt. Voraussetzung ist, dass diese Aussagen wissenschaftlich abgesichert sind und von der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) überprüft wurden. Der vzbv fordert, dass sich die Claims ausdrücklich auf das Produkt beziehen und nicht nur auf die mögliche Wirkung zugesetzter Stoffe.
Ein Faltblatt zum Thema ist kostenfrei bei allen Verbraucherzentralen erhältlich. Der ausführliche Bericht "Funktionelle Getränke - Alkoholfreies mit Zusatznutzen?", eine Kurzfassung und ein Kurzpaper zu den rechtlichen Grundlagen sind unter www.verbraucherzentrale.de/funcdrinks oder www.vzbv.de/Pressemitteilungen abrufbar.
ots-Originaltext: vzbv - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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Kontakt:
-Angelika Michel-Drees, Ernährungsreferentin vzbv, Tel.: 030/25800-
434, Mail: gesundheit@vzbv.de
-Angela Clausen, Ernährungsexpertin Verbraucher-Zentrale Nordrhein-
Westfalen, Tel.: 0211/3809-124, Mail: angela.clausen@vz-nrw.de
-Christian Fronczak, Pressereferent vzbv, Tel.: 030/25800-524, Mail:
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