Werder Bremen-Presseservice: Interview mit Werders Vorstandsmitglied Klaus Allofs über die
Transfers von Ailton und Krstajic zu Schalke 04
"Wir werden für
Abwehr und Angriff neue gute Spieler finden"
Bremen (ots)
Am Dienstag waren die Wechsel von Mladen Krstajic und Ailton zu Schalke 04 das Gesprächsthema Nummer eins. Sportdirektor Klaus Allofs spricht über Hintergründe der Transfers.
FRAGE: Herr Allofs, die Euphorie rund um die Tabellenführung wurde durch die Bekanntgabe der Wechsel von Mladen Krstajic und Ailton zu Schalke 04 gestoppt. Was war ausschlaggebend für die Wechsel?
KLAUS ALLOFS: Ganz einfach, obwohl der SV Werder bis an seine Grenzen gegangen ist, hat der FC Schalke 04 deutlich bessere Angebote gemacht. Solche Fälle hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben. Wir müssen damit leben, dass unseren Spielern Verträge angeboten werden, in denen sie Gehälter garantiert bekommen, die sie bei unseren leistungsbezogenen Kontrakten nur verdienen können, wenn es sportlich und wirtschaftlich optimal läuft. Wir sind extrem enttäuscht, wie die Sache abgelaufen ist. Trotz der bisher guten Beziehungen hat uns Rudi Assauer in keiner Weise über seine Verhandlungen informiert. Zudem finden wir es sehr unglücklich, dass Schalke diese Transfers so früh in der Saison öffentlich gemacht hat. Aber der Klub ist im Moment sportlich angeschlagen und steht unter Druck. Nach der Schlappe mit Morientes brauchte Rudi Assauer etwas zum Vorzeigen. Dafür ist ihm offenbar keine Summe zu hoch. Da sind wir dann verletzlich.
FRAGE: Mladen Krstajic begründete seine Entscheidung für den FC Schalke 04 damit, dass er mit Rudi Assauer einen Vierjahresvertrag mit einer Option auf ein zusätzliches Jahr aushandeln konnte, Werder ihm dieses fünfte Vertragsjahr aber nicht zusagen konnte.
KLAUS ALLOFS: Wir müssen uns mal klar machen, worüber wir hier eigentlich sprechen. Schalke hat zum Beispiel Krstajic rund eine Million Euro pro Jahr mehr geboten als wir. Und unser Angebot war wirklich gut. Das Ganze dann für fünf Jahre und in einer Zeit, in der nach der Kirch-Krise noch weitere Einbußen im TV-Bereich möglich sind und die Bezüge der Spieler eigentlich reduziert werden müssten. Dieses Gesamtpaket wäre für unseren Verein unverdaulich gewesen. Es geht primär nicht darum, ob wir Krstajic mit 35 - so lange läuft sein Vertrag mit Schalke im Idealfall- noch eine starke Leistung zutrauen. Sondern, ob wir ihm eine Millionen-Summe auch noch im fünften Jahr zahlen können. Das konnten wir eben nicht zusichern, an diesem Punkt war die Grenze, die wir uns gesetzt hatten, überschritten. Fünf Jahre sind ein Zeitraum, den man im Fußballgeschäft nicht mehr überblicken kann.
FRAGE: Müssen die Fans jetzt einen Ausverkauf befürchten?
KLAUS ALLOFS: Es ist ein Aderlass, aber kein Ausverkauf. Für die Abwehr und den Angriff werden wir jeweils einen guten Spieler finden. Das kann ich versprechen. Schon jetzt haben wir mit Schulz und Friedrich Leute, die die Lücke hinten schließen könnten. Im Angriff werden Charisteas, Klasnic, Daun und Valdez erst recht ihre Chance ergreifen. Unsere Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass so ein Verlust und sei er sportlich noch so groß, immer wieder für andere Spieler neue Chancen eröffnet. Ohne den Verlust von Frank Verlaat hätten wir keinen Ismaël im Kader. Ohne den Weggang von Torsten Frings wäre Fabian Ernst vielleicht nicht so schnell Vize-Kapitän und Nationalspieler geworden. Wenn Andreas Herzog noch hier spielen würde, gäbe es keinen Johan Micoud. Diese Aufzählung könnte man immer weiter fortsetzen. Unser Job ist es wieder einen neuen Spieler groß rauszubringen. Wir haben mittlerweile schon Tradition darin.
FRAGE: Es gibt den Vorwurf, Werder müsse mehr ins Risiko gehen.
KLAUS ALLOFS: Risiko bedeutet in diesem Fall, dass wir in Kauf nähmen, den Verein unter Umständen gegen die Wand zu fahren. Es gibt aber die klare Vorgabe unseres Aufsichtsrates, im Sinne des ganzen Vereins verantwortungsvoll mit den finanziellen Mitteln umzugehen. Und das heißt auch, keine Gelder zu verplanen, die man gar nicht zur Verfügung hat.
FRAGE: Warum kann dann Schalke einen anderen Weg gehen?
KLAUS ALLOFS: Schalke 04 arbeitet unter ganz anderen Voraussetzungen. Sie haben ihre Zuschauereinnahmen verpfändet und einen riesigen Kredit aufgenommen. Da ist einfach Geld frei. Zudem entfaltet die Tradition dort eine ungeheure Kraft. Schalkes Einzugsgebiet liefert ganz andere Ressourcen als unseres. Innerhalb einer Stunde können 16 Millionen Menschen die "Arena" erreichen. Selbst im UI-Cup gegen die Moldawier aus Chisinau war das Stadion mit 60.000 Fans ausverkauft. Wenn wir gegen einen direkten Verfolger wie Wolfsburg Tabellenführer der Bundesliga werden können, kommen 32.000 und 8.000 Plätze im Weser-Stadion bleiben frei. In so einem fanverrückten Umfeld wie Gelsenkirchen siedeln sich dann wieder mehr Sponsoren und Gönner an, weil sie ganz andere Beachtung finden. Am Ende dieser Kette steht dann eben ein Verein, der auch mit weniger sportlichem Erfolg einen größeren finanziellen Spielraum besitzt.
FRAGE: Hätte eine exorbitante Gehaltserhöhung für Ailton und Krstajic auch andere Probleme aufgeworfen?
KLAUS ALLOFS: Sicher kommt dazu, dass man nicht zugunsten eines Spielers das ganze Gehalts- und Vertragsgefüge des Teams durcheinander bringen kann. Da müssen wir dann entscheiden, ob wir uns für diese Spieler so "verbiegen". Was sollen wir dem nächsten Leistungsträger sagen, der seine Bezüge verdoppelt oder für fünf Jahre zugesichert haben möchte?
FRAGE: Was erwarten Sie von Ailton und Mladen Krstajic für den weiteren Verlauf der Saison?
KLAUS ALLOFS: Ich hoffe, dass sie reelle Typen sind, die gemeinsam mit der Mannschaft den erfolgreichen Weg des SV Werder fortsetzen werden.
ots-Originaltext: Sport-Verein "Werder" von 1899 e.V.
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