Kultusminister verschärfen Rechtschreibchaos
Erlangen (ots)
Als "babylonischen Irrsinn" bezeichnet die DEUTSCHE SPRACHWELT die Entscheidung der Kultusministerkonferenz (KMK), zum 1. August einen Teil der Rechtschreibreform bereits in Kraft zu setzen, während andere Teile noch überarbeitet werden. "Die Kultusminister wollen den Rückbau fehlerhafter Reformteile verhindern und lassen nur einen kleinen Teil ausbessern. Damit schaffen sie mehr Verwirrung als Klarheit und verschärfen das Rechtschreibchaos", erklärte der Chefredakteur der Sprachzeitung, Thomas Paulwitz.
Vor allem den Schülern und Lehrern könne ein solches Teilinkrafttreten nicht zugemutet werden. Es sei ihnen nicht zu vermitteln, daß sie die reformierte Rechtschreibung teils streng befolgen müßten, teils nicht. Besser sei ein Moratorium für die gesamte Reform. "Die Kultusminister versuchen offenbar mit allen Mitteln zu unterbinden, daß der Rechtschreibrat die gesamte Reform kritisch prüft", so Paulwitz. Es sei fraglich, ob sich ein honoriger Mann wie Hans Zehetmair noch lange für eine solche Schmierenkomödie hergebe.
Die laut KMK angeblich unstrittigen Teile der Rechtschreibreform wie die Laut-Buchstaben-Zuordnung (Stängel), die Schreibung mit Bindestrich (Eisschnell-Lauf) oder die Groß- und Kleinschreibung (heute Mittag) seien in Wirklichkeit sehr wohl umstritten. Paulwitz vermutet, daß der von der KMK eingesetzte Rechtschreibrat für den Geschmack der Kultusminister zu viel Eigeninitiative entwickelt habe, weswegen sie ihn jetzt anleinen wollen. So haben die Minister den Ratsvorsitzenden Hans Zehetmair am 11. April über eine Telefonkonferenz dazu gedrängt, einem Abkommen zuzustimmen, daß der Rat bestimmte Gebiete der Rechtschreibreform nicht antasten dürfe.
Außerdem forderte Paulwitz den designierten nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers auf, so bald wie möglich sein Wahlversprechen zur Rechtschreibreform einzulösen. Dieser hatte vor der Wahl versprochen: "Die CDU wird nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im Mai 2005 dafür sorgen, daß man zu den bewährten Regeln zurückkehrt." Paulwitz erklärte: "Wenn das bevölkerungsreichste Bundesland jetzt aussteigt, kippt die Rechtschreibreform endgültig."
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