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Überlegungen der EU-Kommission zum Zuckermarkt: Zuckerwirtschaft fordert Dialog und Berücksichtigung aller Optionen

Bonn/Berlin (ots)

Mit großer Sorge hat die deutsche
Zuckerwirtschaft das Papier der Europäischen Kommission zur Reform
des Zuckermarktes zur Kenntnis genommen. Die Kommission erwägt darin
unter anderem eine völlige Liberalisierung des EU-Zuckermarktes bzw.
Maßnahmen mit ähnlicher Wirkung: "Wenn es hierzu käme, wäre die
Existenz der gesamten europäischen Zuckerwirtschaft und damit von
europaweit 270.000 Landwirten und mehr als 130 Zuckerfabriken in
Frage gestellt", erklärte Dr. Hans-Jörg Gebhard,
Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WZV)
in Bonn.
Zugleich hob Dr. Gebhard die Bedeutung der EU-Zuckermarktordnung
(ZMO) hervor. Seit ihrer Einführung im Jahr 1968 habe die ZMO
maßgeblich zur Existenzsicherung der europäischen Zuckerwirtschaft
beigetragen. In Deutschland sind rund 50.000 Landwirte vom
Zuckerrübenanbau abhängig. Ohne diesen Betriebszweig wären viele der
überwiegend bäuerlichen Familienbetriebe nicht überlebensfähig.
Gleichzeitig profitierten auch zahlreiche Entwicklungsländer von der
Marktordnung. Seit 1975 verfügen die AKP-Staaten (Afrika, Karibik,
Pazifik) und weitere Länder der Dritten Welt über eine
Einfuhrgarantie in die EU, die ihnen kostendeckende und stabile
Exporterlöse sichert.
Das von der Kommission vorgelegte Papier enthält drei Optionen:
die Beibehaltung des Status quo; die Reduzierung der garantierten
Preise, verbunden mit einem möglichen Auslaufen der EU-Quotenregelung
für Zucker; die vollständige Liberalisierung des Marktes. Eine
ursprünglich vorgesehene vierte Option wird überraschend nur noch am
Rande erwähnt. Sie sah vor, die Produktionsquoten in der EU zu senken
und mit den am wenigsten entwickelten Ländern feste Einfuhrrechte in
die Gemeinschaft zu vereinbaren.
Nach Einschätzung der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker birgt
auch die "Preissenkungsoption" erhebliche Gefahren, da sie auf nicht
nachvollziehbaren Hypothesen beruht. Dr. Gebhard: "Die angedachten
Preissenkungen hätten ebenfalls verheerende Konsequenzen für die
europäische Zuckerwirtschaft und ihre traditionellen Handelspartner
in der Dritten Welt. Auch in diesem Fall wäre die Existenz vieler
tausend Landwirte und einer großen Zahl von Zuckerfabriken
gefährdet." Dabei beschränke sich das Problem keinesfalls auf die
Zuckerwirtschaft. In den überwiegend strukturschwachen ländlichen
Regionen hingen von der Zuckerindustrie zahlreiche weitere
Arbeitsplätze in Handwerk, Handel und Anlagenbau ab.
Nutznießer der von der Kommission vorgelegten Optionen wären
einige wenige Drittländer, vor allem Brasilien. Das Land hat seine
Zuckerproduktion seit Anfang der neunziger Jahre mehr als verdoppelt
und die Zuckerexporte nahezu verzehnfacht. Heute ist Brasilien mit
Abstand der weltgrößte Erzeuger und Exporteur von Zucker. Dr.
Gebhard: "Möglich war dies nur, weil Brasilien mit den weltweit
niedrigsten Sozial- und Umweltstandards produziert und der Staat die
Zucker- und die damit verbundene Alkoholwirtschaft massiv
subventioniert hat."
Dr. Gebhard forderte die Kommission auf, auch eine realistische
Option in ihre Überlegungen aufzunehmen. Eine solche Option könne
ausschließlich in der Weiterentwicklung der bisherigen Regelung mit
Beibehaltung eines ausreichenden Außenschutzes und in gleichzeitiger
Verbindung mit der Schaffung fester Einfuhrgarantien für die am
wenigsten entwickelten Länder in Form von vereinbarten Liefermengen
bestehen. "Es ist unverständlich, weshalb die Kommission diesen
einzig gangbaren Ansatz in ihrem Optionenpapier nicht weiter
ausführt. Die Zuckerwirtschaft ist bereit, ihre Produktion noch
stärker auf den Eigenbedarf der Europäischen Union auszurichten und
zugleich die Interessen der Entwicklungsländer noch stärker zu
berücksichtigen. Mit diesem kombinierten Modell könnten beide Ziele
am ehesten erreicht werden."
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker erkennt die internationalen
Verpflichtungen der EU an und ist daher zu einem Dialog mit der
Politik bereit, um Chancen für eine Weiterentwicklung der
Zuckermarktordnung auszuloten. Am Ende muss aber eine Lösung stehen,
die die Existenz der nachhaltig wirtschaftenden europäischen
Zuckerwirtschaft sichert und auch den traditionellen Handelspartnern
in der Dritten Welt gerecht wird.

Kontakt:

Wirtschaftliche Vereinigung Zucker
Dr. Dieter Langendorf
Tel: 0228-2285-115
Fax: 0228-2285-102
Mail: langendorf@zuckerverbaende.de

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