WVZ Wirtschaftliche Vereinigung Zucker
EU-Zuckermarkt: Unausgewogene Reformideen gefährden den Zuckerrübenanbau in weiten Teilen Europas
Berlin (ots)
Die Vorschläge der Generaldirektion Landwirtschaft zur Reform der Zuckermarktordnung gefährden die Rüben- und Zuckererzeugung in zahlreichen Regionen der Europäischen Union. Dieses Fazit zog der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, Dr. Hans-Jörg Gebhard, anlässlich der diesjährigen Zuckertagung in Berlin. Laut seinen Ausführungen erkennt die Zuckerwirtschaft an, dass der Fortbestand der europäischen Zuckerrüben- und Zuckererzeugung wesentlich von internationalen Verpflichtungen im Rahmen der WTO und von den verschiedenen Freihandelsabkommen bestimmt wird. Ebenso werde der Ausgang des laufenden Schiedsgerichtsverfahrens bei der WTO bezüglich der Exporte von C-Zucker und der Reexporte von AKP-Zucker einen erheblichen Einfluss auf den künftigen Umfang der europäischen Rüben- und Zuckererzeugung haben. Im Interesse einer sachgerechten und dauerhaften Weiterentwicklung sei die Zuckerwirtschaft bereit, in einen offenen Dialog mit der Bundesregierung und der EU-Kommission über geeignete Reformschritte einzutreten. Allerdings sieht die Zuckerwirtschaft den richtigen Zeitpunkt für eine Reform der europäischen Zuckerpolitik erst dann gekommen, wenn die aus diesen externen Einflussfaktoren resultierenden Verpflichtungen konkret geworden sind.
Die geplanten tiefen Einschnitte in das Garantiepreissystem der Zuckermarktordnung, das bisher EU haushaltsneutral ist, werden mit Nachdruck abgelehnt. Die vorgeschlagenen Kürzungen der Mindestpreise für Zuckerrüben und Zucker um 37 bzw. 33 % würden in zahlreichen Regionen der EU zu einer Aufgabe des Zuckerrübenanbaus führen. Die vorgesehene Kompensation von 60 % in Form einer entkoppelten Ausgleichszahlung ist nicht ausreichend, um die bisherige breite Streuung des Rübenanbaus in der Gemeinschaft zu erhalten. Die deutschen Rüben- und Zuckererzeuger unterstützen in dieser Frage auch den Protest ihrer Kolleginnen und Kollegen in anderen Regionen Europas, deren Existenz bereits im kommenden Anbaujahr in Frage gestellt ist.
Gebhard betonte, dass die deutsche Zuckerwirtschaft durchaus die im Reformpapier enthaltenen interessanten Ansätze für eine Weiterentwicklung der Quotenregelung anerkennt: "Nicht verstehen können wir allerdings die geplante Quotenkürzung um 2,8 Mio. t. Ein derartiger Einschnitt in den Quotenrahmen beschleunigt noch den aus den WTO-Verpflichtungen zu erwartenden weiteren Beschäftigungsrückgang in vielen strukturschwachen ländlichen Räumen auch in Deutschland. Nach allen bisherigen Erfahrungen wäre ein einseitiges Vorpreschen der Europäischen Union erneut eine Vorleistung, für die es keine Gegenleistung der Verhandlungspartner geben wird."
Ein Vorziehen der Reform auf den 1. Juli 2005 strafe zudem alle Unternehmen, die im Rahmen langfristiger Investitionen auf Vertragssicherheit gebaut haben. Die viel zu kurze Laufzeit und der bereits für 2008 anvisierte nächste Review nähmen dem Sektor jegliche mittel- und längerfristige Planungssicherheit.
Auch zahlreiche Entwicklungsländer, die bereits wenige Jahre nach Öffnung des europäischen Marktes feststellen müssen, dass die ihnen gewährten Präferenzen offensichtlich einer gewaltigen Erosion unterliegen, ihre bisherigen infrastrukturellen Investitionen und die weitere Entwicklung gefährdet sind, appellierten schon Ende letzten Jahres an die Kommission: ihre Interessen, die EU-Zuckermarktordnung mit einem modifizierten Mengenmanagement fortzuführen, wurden von der Kommission dennoch bisher nicht berücksichtigt.
"Wir brauchen den Konsens und den Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessensgruppen. Die Interessen der Zuckerrübenanbauer in den großen und den kleinen EU-Mitgliedstaaten, ebenso die Interessen der neuen EU-Mitgliedstaaten sowie der AKP-Staaten, müssen in den Reformvorschlägen stärker berücksichtigt werden. Hierzu muss die EU-Kommission zu praktikablen und wirtschaftlich verträglichen Überlegungen zurückkehren, die sowohl den Notwendigkeiten einer nachhaltigen Zuckerrüben- und Zuckererzeugung in der EU, als auch den internationalen Verpflichtungen gerecht werden", so der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker zum Abschluss der Veranstaltung in Berlin.
Weitere Informationen:
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker wird voraussichtlich am 14. Juli 04 aus Anlass des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden endgültigen Reformvorschlags der Kommission zum EU-Zuckermarkt in einem Hintergrundgespräch die Position der Zuckerwirtschaft in Deutschland zu diesem konkreten Reformvorschlag erläutern. Interessenten, die an diesem Gespräch teilnehmen möchten, wenden sich bitte an:
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