Herbstgutachten: Der Streit der Weisen
Hamburg (ots)
Alle Wirtschaftsinstitute sind sich einig: Die Europäische Zentralbank sollte die Leitzinsen im kommenden Jahr erhöhen. Alle sind sich einig? Nicht ganz! Denn das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sprach sich in einem Minderheitenvotum zum Herbstgutachten gegen ein Anziehen der Zinszügel aus. Der Streit der Weisen spiegelt die großen Unwägbarkeiten in der diesjährigen Prognose der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute wieder. Vor allem die Geldmengenentwicklung gibt Rätsel auf. Das außergewöhnlich niedrige Zinsniveau von zwei Prozent hat zu einer hohen Liquidität geführt. Wenn das Geld in die Nachfrage fließt, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit einer konjunkturellen Belebung. So weit so gut. Als unerwünschter Nebeneffekt steigt aber mittelfristig das Inflationsrisiko. Um solch eine Geldentwertung abzuwenden, sind rechtzeitige aber keinesfalls verfrühte Maßnahmen der EZB gefordert. Nach Ansicht der Expertenmehrheit ist das gemessene Geldmengenwachstum Grund genug, damit verbundene Inflationserwartungen zu ersticken. Die EZB sollte daher die Leitzinsen im kommenden Jahr um 50 Basispunkte anheben. Für das DIW ist die gestiegene Geldmenge nur eine Folge der europäischen Finanzmarktintegration und wird von den Kollegen als Gefahrenindikator überinterpretiert. Am Ende wird die EZB über die widerstreitenden Theorien entscheiden müssen. Dann geht der Streit der Weisen hinter den Türen des Eurotowers in eine neue Runde.
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