Bauer Media Group, tv Hören und Sehen
tv Hören und Sehen-Studie zeigt: Der Anteil gewalthaltiger Sendungen im Fernsehen ist nach Erfurt gesunken
Hamburg (ots)
Aus Erfurt gelernt? Gibt es Unterschiede zwischen den ausgestrahlten Programmen vor und nach dem Amoklauf? In einer aktuellen Studie der Premium-Programmzeitschrift tv Hören und Sehen aus der Bauer Verlagsgruppe hat das Europäische Medieninstitut unter der Leitung von Prof. Jo Groebel den Gewalt-Anteil der acht größten TV-Sender in Deutschland untersucht*.
Ein Vergleich von Spielfilmen und Serien zeigt: Zwei Wochen nach der Bluttat lag der Anteil gewalthaltiger Sendungen insgesamt etwa 10 Prozent niedriger als unmittelbar vor dem Anschlag. Laut Prof. Jo Groebel zeigen die Ergebnisse aus den Wochen vor und nach dem Erfurter Amoklauf große Unterschiede zwischen den Sendern:
Unverändert - die ARD. Bei einem sowieso niedrigen Gewaltanteil im Programm (11,7 Prozent) gab es im Ersten nach Erfurt kaum Einschränkungen. Überraschend - SAT.1 und RTL. Beide nahmen nur punktuell gewalttätige Sendungen aus dem Programm. Aber: Insgesamt ist der Gewaltanteil bei SAT.1 (12,4 Prozent) und RTL (15 Prozent) sogar noch niedriger als beim ZDF (17,5 Prozent). Bemerkenswert - PRO7. Beim Spielfilmsender ging der Gewalt-Anteil am stärksten zurück: von 28,3 auf 20,1 Prozent. Unbeirrbar - Kabel 1. Der Sender, bei dem mit 66 Prozent der gesendeten Inhalte ohnehin die höchste Gewaltrate verzeichnet wurde, legte in puncto Gewalt sogar noch leicht zu.
Im Schnitt entfällt rund ein Viertel der gesamten Sendezeit im deutschen Fernsehen auf Programme mit Gewaltdarstellungen. "Der Gewalt-Anteil im deutschen Fernsehen ist während der letzten zehn Jahre leicht zurückgegangen", erklärt Groebel, Generaldirektor des Europäischen Medieninstituts.
Gleichwohl seien Filme, in denen gemordet, geschlagen und gestochen wird, noch immer Dauerbrenner im deutschen TV. "Fernsehen schafft quasi einen permanenten Fluss an Gewalt", sagt Groebel. Außerdem seien Gewaltdarstellungen in aktuellen Spielfilmen und Serien brutaler geworden. "Eine einzige drastische Szene brennt sich oft stärker im Kopf ein, als zehn Schießereien in einem alten Western", warnt der Medienforscher. Dennoch sieht Groebel gerade beim Sehinteresse von Jugendlichen eine teilweise Abkehr von gewalttätigen Formaten. Auf der Beliebtheitsskala von Jugendlichen lägen keine Ballerfilme mehr vorne - sondern eher Seifen-Opern wie "GZSZ" oder "Marienhof".
Die vollständige Umfrage erscheint am 7. Juni 2002 im aktuellen Heft 24/2002 von tv Hören und Sehen. Die Meldung ist unter Nennung der Quelle tv Hören und Sehen zur Veröffentlichung frei.
*Untersucht wurden über 2600 Sendeminuten im Zeitraum vom 19.-25.4.2002 und 11.-17. 5. 2002
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Prof. Jo Groebel, Tel. 0211/ 9010-412 oder
Jochen Metzger, Tel. 040/ 3019-4085.
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