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Berliner Morgenpost: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen - Kommentar

Berlin (ots)

Deutschlands Wirtschaftsaussichten haben sich stark
eingetrübt. Nicht nur in der Automobilbranche ist die Krise 
angekommen. Auch andere Wirtschaftszweige klagen über stark 
rückläufige Auftragseingänge. Die Furcht vor einer massiven Rezession
geht um. Die Bundesregierung, die noch vor Kurzem glaubte, 
Deutschland werde die Finanzkrise weitgehend unbeschadet überstehen, 
muss sich auf eine ganz neue Situation einstellen: Just im Jahr der 
nächsten Bundestagswahl droht dem Land eine Wirtschaftsflaute mit 
steigender Arbeitslosigkeit, sinkenden Steuereinnahmen und neuen 
Löchern in den Sozialkassen.
Angesichts dieser unschönen Aussichten ist die Hektik, mit der 
innerhalb der Koalition nun nach kurzfristig wirksamen Maßnahmen 
gesucht wird, um den Abschwung zu verhindern, verständlich. Doch die 
Rezepte überzeugen nicht. Aus den Reihen der SPD wird - wie stets, 
wenn das Wirtschaftswachstum nachlässt - ein milliardenschweres 
Konjunkturprogramm gefordert. 25 Milliarden Euro solle Finanzminister
Peer Steinbrück lockermachen. Die Linkspartei verlangt kurzerhand den
doppelten Betrag. Auch die Union hält es für sinnvoll, auf Pump 
Schulen und Straßen zu sanieren, um auf diese Weise den Arbeitsmarkt 
zu stützen.
Der zu befürchtende Aktionismus der Koalition bedient das allgemeine 
Volksempfinden, dass nach den Banken nun auch die Arbeitnehmer, 
Handwerker und Mittelständler staatliche Hilfe bekommen sollen. Dass 
die Schulden von heute die Steuern von morgen sind, ignorieren die 
Befürworter des starken Staates gerne. Dabei war es die schwarz-rote 
Koalition, die den Deutschen die größte Steuererhöhung der 
Nachkriegszeit zugemutet hat - mit dem Versprechen, den Haushalt zu 
sanieren. Die Bevölkerung sollte sich daran erinnern, wie unangenehm 
die dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung war, wenn sie jetzt teure 
Kurzfristmaßnahmen bejubelt.
Nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch die Unionspolitiker 
scheinen die Haushaltskonsolidierung völlig in den Wind geschrieben 
zu haben. Ohne wirtschaftspolitischen Kompass irren sie durch die 
Krise. Mit dem Bankenrettungsplan hat sich die Koalition kurzfristig 
handlungsfähig erwiesen. Doch wie Deutschland nach der Krise dastehen
wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob der Staat sich finanziell 
überhebt. Die Union sollte nicht alle ihre Grundsätze über Bord 
werfen. Die gigantischen Summen, die im Zusammenhang mit der 
Bankenkrise bereitgestellt werden, lassen die Beträge, um die es bei 
der geplanten Konjunkturstützung geht, vertretbar erscheinen. Doch 
wie viel die Finanzinstitute von dem 500-Milliarden-Rettungspaket 
tatsächlich benötigen, ist derzeit überhaupt nicht absehbar. Falls 
die Stabilisierung gelingt, wird es für den Staat gar nicht so teuer.
Auf den Ausgaben für ein konjunkturpolitisches Strohfeuer im Vorfeld 
der Bundestagswahl bliebe der Steuerzahler hingegen in jedem Fall 
sitzen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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