Berliner Morgenpost: Schulen sind wichtige Standortfaktoren - Kommentar
Berlin (ots)
Von der Qualität der Schulen und deren Lehrer hängt viel ab. Sie entscheiden über Förderung und Bildung und damit über die Zukunftschancen junger Menschen. Sie haben zugleich eine weit darüber hinausgehende gesellschaftspolitische Bedeutung. Der gute oder schlechte Ruf einer Schule ist mitbestimmend für die Zusammensetzung der Bewohner und damit für das soziale Umfeld eines Quartiers. Auf die ganze Stadt bezogen spielt der Ruf der Schulen eine nicht zu unterschätzende Rolle, wenn sich eine Familie entscheidet, in welchen Teil Berlins sie ziehen soll. Schulen sind also auch ein wichtiger Standortfaktor; für die Zukunftschancen des Kiezes genauso wie für die der ganzen Stadt. Wer einen sozialen Brennpunkt aufwerten will, der muss nicht allein für ein gutes Quartiermanagement einschließlich Sozialarbeiter sorgen, der muss zugleich auf gute Schulen, engagierte Lehrer und zeitgemäß ausgestattete Kitas drängen. In diesem Bemühen hat die größte städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo die Berliner nach der Bedeutung von Schulen und Kindergärten bei der Wohnortwahl befragt. Dass fast 90 Prozent von ihnen antworteten, die Qualität von Schulen und Kitas sei ein wichtiger oder sogar sehr wichtiger Faktor, für welchen Stadtteil sie sich entscheiden, ist weniger überraschend. Bedeutsamer sollten die Folgerungen sein. Und damit kommt die Bildungspolitik in dieser Stadt ins Spiel. Von Zustand und Qualität der Schulen und Kitas im jeweiligen Kiez hängt auch die Struktur der Einwohner ab. Stimmen Qualität und Angebot, sind auch junge Familien aus der Mittelschicht bereit, mit ihrem Kind dem preiswerten, aber sonst vielleicht nicht gerade im besten Ruf stehenden Kiez treu zu bleiben. Anderenfalls ziehen sie spätestens dann in eine "bessere Gegend", wenn der Nachwuchs das Schulalter erreicht hat. Gute Schulen tragen folglich entscheidend zu der erwünschten sozialen Durchmischung eines Kiezes bei. Da liegt es auf der Hand, dass sich eine Wohnungsbaugesellschaft nicht nur um die Qualität ihrer Mietshäuser kümmert. Sie muss zugleich bei Senat und Bezirk ein ordentliches Bildungsangebot einfordern. Dies macht in sozial schwierigen bis problematischen Quartieren zusätzliche finanzielle wie pädagogische Anstrengungen nötig. Nur dann nämlich werden junge bildungsbewusste Familien vor Ort gehalten, werden Problemkieze vor dem Umkippen bewahrt oder können ganze Stadtteile neu erwachen. Wohnungsbau-, Schul- und Sozialpolitik verbinden sich so zu einem ganzheitlichen Ansatz. Der ist in Berlin vielleicht im Geiste des Senats angekommen. In der Praxis bleibt er Rarität. Das muss sich ändern, um Berlin vor einer Gettoisierung zu bewahren, um deutsche und Migrantenkinder gemeinsam zu unterrichten und zu gegenseitig akzeptierten Werten zu erziehen.
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