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Berliner Morgenpost: Ein Minister dem Abstellgleis

Berlin (ots)

Er kam als Hoffnungsträger aus Leipzig nach Berlin.
Doch nach nur drei Jahren hat sich Bundesverkehrsminister Wolfgang 
Tiefensee (SPD) als im Amt überfordert erwiesen. Erst die misslungene
Privatisierung der Flugsicherung, dann das endgültige "Aus" für den 
Transrapid in Deutschland und nun eine weitere grobe Fehlleistung im 
Zusammenhang mit der ohnehin wiederholt verschobenen 
Teilprivatisierung der Bahn. Der Minister hat öffentlich die 
Unwahrheit gesagt. Wider besseren Wissens hatte er am Mittwoch seinen
beamteten Staatssekretär und Mitglied im Bahn- Aufsichtsrat, Matthias
von Randow, mit der Begründung entlassen, dieser habe ihn erst Mitte 
Oktober über die jetzt bekannt gewordenen erhöhten Gehalts- und 
Boni-Zahlungen für den DB-Vorstand informiert. Tatsächlich ist dies 
bereits im September geschehen, wie er jetzt kleinlaut einräumen 
musste. Neben der Lüge ist das ein weiteres Versagen in gleich 
doppelter Hinsicht.
 Erstens ist Tiefensee schlecht informiert über Entwicklung und 
Details der zunehmend auch in seiner Partei umstrittenen 
Bahnprivatisierung. Die ist zwar wegen der globalen Finanzkrise 
vorerst verschoben worden, bleibt aber das politisch wichtigste und 
zugleich heikelste Projekt in Tiefensees Amtszeit. Der Minister hat 
also immer auf Ballhöhe zu sein. Zweitens wollte er sich mit der 
Entlassung seines höchsten Beamten offenbar populistisch gemein 
machen mit der öffentlichen Empörung über vermeintlich allzu gierige 
Manager auch beim Staatsunternehmen Bahn. Das ist menschlich wie 
politisch unanständig. Nach der Oberbürgermeister-Karriere sollte nun
die des Bundesministers ein vorzeitiges Ende finden.
Das aber ist nur ein Strang der neuesten Bahn-Affäre. Der andere 
betrifft den Vorstand und dessen großzügige Aufbesserung von Gehalt 
und Erfolgsprämien. Vorab garantierte Boni-Zahlungen für Manager, 
deren Unternehmen seit Wochen nur Negativ-Schlagzeilen liefern, über 
die sich immer mehr Kunden empören und deren zentrales Geschäftsziel,
die Teilprivatisierung, derzeit gar nicht zu realisieren ist? Gewiss,
als der Aufsichtsrat mit Zustimmung auch des Gewerkschaftsvertreters 
der DB-Spitze die "Möhrchen", wie Bahnchef Mehdorn die beträchtlichen
zusätzlichen Einkommensteile zu nennen beliebt, im Juni aufs Tablett 
legte, war die Bahn noch gut unterwegs und die Privatisierung 
aktuell. Aber die Geschäftsgrundlage hat sich völlig verändert.
Aktienrechtlich mag alles seine Ordnung haben. Dennoch sollten etwas 
sensiblere Manager reagieren - wenn richtig bleibt, dass sich 
Entlohnung an Leistung orientieren soll. Das hat auch in diesem Fall 
nichts mit Neid zu tun. Bahnchef Hartmut Mehdorn selbst hat ziemlich 
anmaßend die Zusatz-Fütterung mit "Möhrchen" damit begründet, dass 
die Manager noch ein bisschen mehr angespornt werden sollen, die 
Bahnaktien möglichst teuer zu verkaufen. Auch wenn sie mit der 
Privatisierung eigentlich nur ihre Pflicht tun, sei dem Mehdorn-Team 
angesichts der üblich gewordenen Usancen ein ordentlicher 
Gehaltszuschlag gegönnt. Aber bitte erst dann, wenn sie einen 
erfolgreichen Abschluss vermelden können. Bis dahin sollten sie 
freiwillig auf die Lock-"Möhrchen" verzichten. Satt werden sie auch 
ohne sie.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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