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Berliner Morgenpost: Erben dürfen nicht bestraft werden - Kommentar

Berlin (ots)

Über das Erbe zerstreiten sich nicht nur Familien.
Das droht nun auch der großen Koalition, obwohl die gar nichts erbt, 
sondern nur uneins ist über eine Reform der Besteuerung im Erbfall. 
Diese Aufgabe hat ihr das Bundesverfassungsgericht aufgetragen, weil 
das gültige Erbrecht nicht verfassungskonform ist. Sollten sich CDU, 
CSU und SPD so zerstreiten, dass es bis Jahresende keine Einigung 
gibt, fällt die Erbschaftsteuer (jährlich rund vier Milliarden Euro) 
wie schon in Österreich und Italien ersatzlos weg. Das wäre zu schön,
um wahr zu werden.
Seit fast drei Jahren streitet sich die Koalition vor allem um die 
Freibeträge für Hauserben, weil die Steuer künftig nach dem 
Verkehrswert und damit wesentlich höher als bislang berechnet wird. 
Zweiter Knackpunkt ist die Besteuerung der Erben von Unternehmen, für
die unter ganz bestimmten Auflagen Steuernachlässe vorgesehen sind. 
Über die jeweiligen Höhen der Freibeträge wie über die Fristen der 
Steuerstundungen für Unternehmenserben ringen die Partner so 
erbittert, weil sie auf ihre jeweilige Wählerklientel Rücksicht 
nehmen müssen. Tun sie es nicht, folgt die Strafe auf dem Wahlzettel 
wie jüngst in Bayern. Nicht nur dort sorgen sich mittelständische 
Familienbetriebe um die Zukunft, sollte demnächst das Damoklesschwert
einer drastisch höheren Erbschaftsteuer über ihnen schweben. Und 
Hausbesitzer in Regionen mit hohen Grundstückspreisen samt 
entsprechendem Verkehrswert fürchten um die Weitergabe ihres Besitzes
an die Kinder, weil sie die fällige exorbitante Erbschaftsteuer nicht
mehr bezahlen können.
Nach der Wahlschlappe der CSU hat nun auch die CDU begriffen, dass 
das Thema Erbschaftsteuer für sie 2009 wahlentscheidend werden 
könnte. Nimmt sie die Sorgen des Mittelstandes nicht ernst, droht ihr
wie gerade der CSU die Abkehr einer ihrer wichtigsten 
Wählerschichten. Andererseits muss sie einen Kompromiss mit der SPD 
finden, weil ihr die sonst populistisch vorhalten würde, die Erben 
von Millionärsvillen von der Steuer befreit zu haben.
In einem ersten Schritt haben sich jetzt CDU und CSU auf eine 
Verhandlungsposition verständigt. Danach soll privat genutztes 
Hauseigentum im Regelfall ganz steuerfrei bleiben. Außerdem soll die 
Auflage für Unternehmen, über zehn Jahre die Lohnsumme des Betriebs 
konstant zu halten, weiter gelockert werden. Auch die SPD soll sich 
auf einige unverrückbare Grundpositionen für die abschließenden 
"Erbschaftsverhandlungen" festgelegt haben, die morgen beginnen. Sie 
verlangt, die Summe des bisherigen Steueraufkommens zu halten, nur 
Häuser und keine Villen steuerfrei zu vererben (wer aber definiert 
das eine und das andere?) und schließlich Steuerprivilegien bei 
Betriebserbschaften nur unter strengen Auflagen zu gewähren.
Niemand sollte sich täuschen: Wenn die Freibeträge für Häuser nicht 
hoch genug festgelegt werden, könnte es im Todesfall der Eltern bei 
vielen Kindern einen zweiten Schock geben. Nicht nur in Bayern. Auch 
in den sogenannten besseren Lagen Berlins. Und Familienunternehmen 
droht das Ende, wenn die Erben steuerlich erdrosselt werden. Auf den 
schwarz-roten Verhandlungsführern lastet in den kommenden Tagen eine 
zweifache Verantwortung: eine gesellschaftspolitische und eine 
wirtschaftspolitische.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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