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Berliner Morgenpost: Kommentar: Bankrotterklärung der Bildungspolitik

Berlin (ots)

Berlin hat beim Pisa-Test wieder einmal nicht gut
abgeschnitten. Im bundesweiten Leistungsvergleich der 15-jährigen 
Schüler in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften belegt die 
Hauptstadt erneut nur die hinteren Ränge. Auffallend dabei, dass vor 
allem die Leistungen von Schülern nicht deutscher Herkunft sehr zu 
wünschen übrig lassen.
Das ist nicht neu. Die Bildungsverwaltung weist in ihrer 
Presseerklärung dennoch ausdrücklich darauf hin, dass Berlin mit 32,3
Prozent bundesweit den fünfthöchsten Anteil an Schülern mit 
Migrationshintergrund hat. Das klingt wie eine Entschuldigung. Und 
Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) legt noch nach, wenn er sagt, 
dass die Berliner Schüler ohne Migrationshintergrund in den 
Naturwissenschaften das deutschlandweit fünftbeste Ergebnis 
erzielten. Frei nach dem Motto: Wenn wir die Migrantenkinder nicht 
hätten, wären wir längst Spitze.
Das ist eine Bankrotterklärung. Beweisen die Fakten doch, dass das 
Berliner Schulsystem nicht in der Lage war und ist, die unbestritten 
große Zahl der nicht deutschen Kinder angemessen zu fördern. Und wie 
sieht die bildungspolitische Zukunft aus? Die Zahl dieser Schüler 
wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, die Katastrophe scheint
also programmiert.
Aber, stopp. Berlin ist eigentlich auf dem richtigen Weg. Vor allem 
bei der Frühförderung hat sich eine Menge getan. Seit 2004 gibt es 
Sprachtests für alle Vorschulkinder und bei Bedarf eine entsprechende
Sprachförderung vor der Einschulung. Kitas haben inzwischen ein 
Bildungsprogramm, das letzte Kita-Jahr ist kostenlos. Bei den 
Grundschulen wurden die Ganztagsangebote ausgebaut und zusätzliche 
Deutschstunden angeboten.
Eigentlich gut - doch was nutzen die besten Maßnahmen, wenn sie nicht
oder nur halbherzig umgesetzt werden können. Und hier liegt der Kern 
des Problems. Den Kitas fehlen ausreichend Erzieher, um bedürftige 
Kinder zusätzlich zu fördern. An den Grundschulen fallen zuerst die 
Förderstunden weg, wenn Lehrer fehlen. Auch die Ganztagsangebote 
funktionieren oft nicht, weil die Schulen unzureichend mit Lehrern 
und Erziehern ausgestattet sind.
Die Pisa-Ergebnisse zeigen schließlich auch, wie notwendig eine 
Reform der Schulstruktur ist. Andere Bundesländer machen das vor. 
Pisa-Aufsteiger Brandenburg etwa hat seine Hauptschulen längst 
abgeschafft. Das plant auch Bildungssenator Jürgen Zöllner für 
Berlin. Nach seinen Vorstellungen sollen die Schüler künftig in der 
Regionalschule oder am Gymnasium ihren Schulabschluss machen.
Doch auch Strukturveränderungen entbinden die politisch 
Verantwortlichen nicht von der dringenden Aufgabe, Migrantenkinder 
endlich angemessen zu fördern und ihnen so die Chance zu geben, in 
der Arbeitswelt zu bestehen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original content of: BERLINER MORGENPOST, transmitted by news aktuell

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