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Berliner Morgenpost: Wir brauchen ein mutiges Konjunkturprogramm - Kommentar

Berlin (ots)

Nur eines ist bisher ganz sicher: CDU, CSU und SPD
werden sich allen taktischen Überlegungen im Superwahljahr 2009 zum 
Trotz auf ein zweites Konjunkturpaket verständigen. Anderenfalls 
würden sich beide als unfähig erweisen, die drohende 
Wirtschaftsrezession zumindest abzufedern. Die Folge wäre ein 
ziemlich sicheres Wahldesaster für alle drei Koalitionspartner und 
noch schlimmer: eine weitere Zuspitzung der Finanz- und 
Konjunkturkrise. Enttäuschte Erwartungen nämlich verstärken das, was 
eigentlich bekämpft werden sollte. Dieser Zwang zur Einigung hat auf 
den ersten Blick etwas Heilsames. In ihm lauert aber auch ein großes 
Risiko mit Langzeitwirkung.
Der Kompromiss, auf den sich die Koalition bis zum kommenden Montag 
einigen will, muss die Forderungen aller drei Parteien einbeziehen. 
In dem Tauziehen geht es dann nicht mehr um die effektivsten 
Unterstützungsmaßnahmen mit Wirkungen über die Wahltermine dieses 
Jahres hinaus. Vielmehr ist jede der drei Regierungsparteien darum 
bemüht, für ihre jeweilige potenzielle Wählerklientel möglichst viel 
herauszuholen. Das kann in den Wahlkämpfen der nächsten Monate CDU, 
CSU und SPD dann den einen oder anderen zusätzlichen Punkt 
einbringen. Doch ein großer, überzeugender Wurf wird so nach allen 
Erfahrungen nicht auf den Weg gebracht.
Im Gespräch ist immerhin eine Summe von 40 bis 50 Milliarden Euro mit
Tendenz zu letzterer Summe, weil die Koalition es ja allen ein 
bisschen recht machen will: hier ein paar Milliarden für den 
Straßenbau, dort ein paar für Investitionen in Schulen, Hochschulen 
und Breitbandverkabelung; Senkung der Sozialabgaben bei 
gleichzeitiger leichter Abflachung der Steuerprogression, ein 
einmaliger Kinderbonus für Eltern und Umwelt- oder Abwrackprämien zur
Belebung der müde gewordenen Automobilindustrie. Die Bundesregierung 
ist bereit, sich für ein solch "buntes Programm" erneut bis an die 
Grenze des EU-Erlaubten (drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts) zu 
verschulden. Danach geht nichts mehr.
Und was wird dann aus der längst überfälligen, auch von der CDU nur 
noch recht schmallippig versprochenen großen Steuerreform? 
Konjunkturprogramme haben sehr viel mit Symbolpolitik zu tun. Die 
Erwartung, dass sie schnelle Wirkung zeigen, hat mehr als einmal 
getrogen. Eine spürbare Entlastung aller Steuerzahler einschließlich 
einer Abflachung der "kalten Progression", an der der Staat bei jeder
Lohnerhöhung auch noch mitverdient, wäre dagegen eine Vertrauen 
schaffende und Konsum anregende Maßnahme mit Langzeitwirkung. Erprobt
in mehreren unserer Nachbarländer und letztlich wiederum zum Wohle 
sogar des Staates. Dessen zunächst ausfallende Einnahmen werden 
nämlich schon sehr bald durch ein höheres Steueraufkommen dank 
belebter Konjunktur kompensiert.
Auf ein solch ebenso wirksames wie mutiges Konjunkturprogramm werden 
wir in Deutschland weiter lange warten müssen. Was immer die 
Koalition beschließen wird: Sie "verpulvert" das Geld, was auf Jahre 
hinaus für eine große, Unternehmer wie Verbraucher stimulierende 
Steuerreform fehlen wird.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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