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Berliner Morgenpost: Ein klares Profil zahlt sich aus - Kommentar

Berlin (ots)

Es gehört zum Tag nach einer Wahl wohl immer noch
dazu: das Schönreden der Wahlergebnisse, der überaus optimistische 
Blick in die Zukunft, die Prognose, dass bei der nächsten Wahl - egal
wo und egal wann - alles mindestens genauso gut (Wahlgewinner) oder 
sehr viel besser (Wahlverlierer) werde. Gestern sah sich 
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gut gerüstet für die 
Bundestagswahl und wähnte das bürgerliche Lager aus Union und FDP 
schon auf der Siegerstraße. SPD-Chef Franz Müntefering wiederum 
erklärte das Debakel seiner Partei bei der Hessen-Wahl zum 
"Sonderfall" und rief die rot-grüne Koalition für die Zeit nach der 
Bundestagswahl aus.
Was fehlte, war wieder einmal die ehrliche Analyse. Denn Sieger in 
Hessen ist die FDP, die auf sagenhafte 16,2 Prozent kam, aber auch 
die Grünen, die mit 13,7 Prozent ihr bestes Ergebnis in einem 
Flächenland erzielten. Freuen konnten sich sogar die Linken, die die 
Fünf-Prozent-Hürde mit 5,4 Prozent doch deutlicher übersprang als es 
nach den parteiinternen Querelen zu erwarten war. Die kleinen 
Parteien - vor allem FDP und Grüne - eint, dass sie mit einem 
erkennbaren Profil angetreten sind. Dass sie sich unterscheiden von 
CDU und SPD, dass sie ihre politischen Ziele verfolgen und auch ihr 
Wort halten. Erinnern wir uns: Die Freidemokraten haben vor der 
letzten Bundestagswahl und auch vor der hessischen Landtagswahl im 
Januar 2008 erklärt, dass sie mit der CDU koalieren wollen. Und sie 
haben ihr Wort nicht gebrochen, haben sich nicht auf eine 
Ampelkoalition mit SPD und Grünen eingelassen, wo sie ihre 
politischen Vorstellungen kaum noch hätten umsetzen können. Sie sind 
bei ihrem klaren Kurs in der Steuerpolitik oder auch in der 
Bildungspolitik geblieben. Das hat sich jetzt ausgezahlt, zumal sich 
viele Wähler nach den Querelen in Hessen entsetzt von den großen 
Parteien abwandten. Nach den Analysen der Wahlforscher sind unter den
neuen FDP- und Grünen-Wählern in Hessen jeweils rund 69 Prozent, die 
aus Enttäuschung über die anderen Parteien ihre Stimme neu vergeben 
haben.
Aus dem Auftritt der kleinen Parteien können die großen nur lernen - 
für die Landtagswahlen, erst recht für die Bundestagswahl. Denn es 
wird nicht honoriert, wenn die Unterschiede zwischen Union und SPD 
verschwimmen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihren 
politischen Positionen kaum noch erkennbar ist. Dies gilt ganz 
aktuell für die von der großen Koalition beschlossenen 
Konjunkturprogramme, wo nun von Bildungsinvestitionen, Abwrackprämie,
Senkung des Krankenkassenbeitrags bis hin zum 100-Euro-Kinderbonus 
für jeden etwas dabei ist. Sogar ein Rettungsfonds für angeschlagene 
Firmen wurde vereinbart, bei dem sich jeder überzeugte 
Marktwirtschaftler mit Grausen abwenden muss. Auch das ein Grund, 
warum die FDP bundesweit so großen Zulauf hat.
Die Hessen-Wahl war die erste im Superwahljahr 2009. Noch ist Zeit 
für die großen Parteien, die Wähler mit einem klaren Profil von sich 
zu überzeugen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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