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Berliner Morgenpost: Nur eine noble Geste der Versöhnung kann helfen

Berlin (ots)

Eine gute Absicht droht in ihr Gegenteil verkehrt
zu werden. Mit dem Dokumentationszentrum über Flucht und Vertreibung 
soll "im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen"
gesetzt werden, "um an das Unrecht von Vertreibung zu erinnern und 
Vertreibung für immer zu ächten". So hat es die Bundesregierung im 
März 2008 beschlossen. Nach einem Jahr hat sich der erhoffte Geist 
der Versöhnung verflüchtigt. Er ist dem vor allem von polnischer 
Seite verbittert geführten Streit gewichen, ob die Präsidentin des 
Bundes der Vertriebenen (BdV) und CDU- Bundestagsabgeordnete Erika 
Steinbach Mitglied im Stiftungsbeirat der Gedenkstätte werden dürfe.
 Die Regierung in Warschau und viele polnische Intellektuelle lehnen 
das strikt ab. Begründung: Steinbach verkörpere das revanchistische 
Deutschland, außerdem sei sie gar keine wirklich Vertriebene, weil 
ihre Vater erst als Besatzungssoldat ins heutige Polen gekommen, die 
Familie Steinbach also vor der Roten Armee geflohen sei. Mit der 
Präsidentin des BdV sei Versöhnung nicht möglich, behauptet der um 
die Verständigung zwischen beiden Ländern auch hierzulande so 
respektierte Beauftragte Polens für die Konsultationen mit 
Deutschland, Wladyslaw Bartoszewski. Er verstieg sich gar zu dem 
Vergleich, Frau Steinbach in den Stiftungsrat zu schicken, sei, als 
wenn der Vatikan den Holocaust- Leugner Bischof Williamson zum 
Israel- Beauftragten ernennen würde. Der Herr Professor, während des 
kommunistischen Regimes in seinem Lande Gastprofessor im freien Teil 
Deutschlands, hat sich verrannt. Er müsste über die 
Vertriebenenverbände eigentlich besser informiert sein. Auch darüber,
dass Frau Steinbach immer wieder Signale der Versöhnung ausgesendet 
und die Entschädigungsforderungen der Vertriebenenorganisation 
"Preußische Treuhand" strikt abgelehnt hat.
Als sei das Klima nicht schon vergiftet genug, streitet nun auch noch
die große Koalition parteipolitisch über die CDU- Frau. Dabei ist 
längst klar, dass sie kaum eine Chance hat, am Kabinettstisch die 
erforderliche Einstimmigkeit für ihre Berufung zu bekommen. Die SPD 
hat Frau Steinbach wie eigentlich auch das Dokumentationszentrum 
schon immer abgelehnt, und Frau Merkels erhoffter künftiger Partner 
in Person von Guido Westerwelle hat Frau Steinbach just den 
freiwilligen Rückzug zum Wohle der Beziehungen zwischen beiden 
Ländern nahegelegt. Angesichts dieser aussichtslosen Lage, für die 
Frau Steinbach die geringste Verantwortung trägt, macht es wenig 
Sinn, weiteres politisches Porzellan zu zerschlagen. In einer noblen 
Geste, als wahren Versöhnungsbeitrag, sollte Frau Steinbach nach 
Abstimmung mit ihrem Präsidium verzichten.
Der Fall Steinbach zeigt, die fragil das deutsch- polnische 
Verhältnis noch immer ist. Das verwundert angesichts dessen, welchen 
Beitrag Polen dank der Solidarnosz auch für das Ende der DDR-Diktatur
geleistet, welche Unterstützung das Land andererseits durch 
Deutschland bei der Aufnahme in EU und Nato erfahren hat. Richtig ist
aber auch, dass Versöhnung und Freundschaft zwischen den Menschen in 
beiden Ländern viel weiter gediehen sind, als es die Politiker in 
Warschau wahrhaben wollen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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