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Berliner Morgenpost: Berliner Morgenpost zum Parteitag der Linkspartei in Essen:

Berlin (ots)

Sie sei eine Reformpartei, habe ihre Lehren als
Nachfolgepartei der SED gezogen und agiere als Speerspitze gegen den 
Rechtsradikalismus. Selbsteinschätzungen, wie sie die Linkspartei für
sich postuliert. Dass Anspruch und Wirklichkeit bedenklich weit 
auseinanderklaffen, wird an diesem Wochenende wieder deutlich, da die
Partei Gysis und Lafontaines in Essen über ihren europapolitischen 
Kurs streitet.
Wenn der Europaabgeordnete André Brie vor einem Rückfall in 
Nationalismus oder Sehnsucht nach dem Nationalstaat warnt, bestätigt 
er, wie ablehnend viele seiner Genossen gegenüber der Frieden 
stiftenden Idee eines vereinten Europa noch immer sind. Dass die 
Parteiführung ihn und die nicht minder europafreundliche 
Sylvia-Yvonne Kaufmann nicht mehr ins EU-Parlament schicken will, 
spricht für sich. Auch Bries Forderung, linke Europapolitik müsse 
sich von ultrarechten Kritikern unterscheiden, hat Hintergründe, die 
weit über Brüssel hinausreichen.
Im Kampf gegen den Rechtsradikalismus marschiert die Linkspartei zwar
gern an der Spitze mit, in ihren Reihen mehren sich indes 
antisemitische Ressentiments und schwerste Anschuldigungen gegenüber 
Israel. So rief jüngst der bisherige Duisburger 
Oberbürgermeisterkandidat der Linken zu einem Warenboykott gegenüber 
Israel auf. Der Kandidat ist mittlerweile zurückgetreten, weil aus 
den eigenen Reihen dazu gedrängt. Zu fatal die Erinnerung an die 
Nazi-Parole "Kauft nicht bei Juden". Auch weit bedeutendere 
Parteimitglieder als der OB-Kandidat machen aus ihrer Gegnerschaft 
bis hin zur Feindschaft gegenüber Israel keinen Hehl. So bestritten 
während des Gazakriegs die beiden außenpolitischen Sprecher Wolfgang 
Gehrke und Normann Paech Israel jedes Recht auf Selbstverteidigung. 
Die innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke beschuldigte Israel 
während des Libanonkriegs 2006 des Mordes und des Terrors. Berlins 
Landesvorsitzender Klaus Lederer dagegen wurde parteiintern 
beschimpft, weil er im Januar bei einer Pro-Israel-Demonstration 
sprach.
Und nun auch noch Bodo Ramelow, der in Thüringen erster 
Ministerpräsident der Linken werden will. Allen 
Demokratisierungsversuchen innerhalb seiner Partei zum Trotz, 
verkündete er in dieser Woche in einer thüringischen Zeitung: Die DDR
sei kein "Unrechtsstaat" gewesen. Egal, ob Ramelow das wirklich 
glaubt oder nur einer bestimmten Wählerklientel nach dem Mund redet -
er verhöhnt einmal mehr die Opfer des SED-Regimes, verklärt eine 
Diktatur. So einem darf kein Regierungsamt in einer Demokratie 
anvertraut werden.
Schöne Demokraten, die nationalistisch statt europäisch denken, die 
mit juden- und israelfeindlichen Sprüchen eine Stimmung schüren, die 
sie doch eigentlich bekämpfen wollen, und die von der alten DDR nicht
lassen können. Tröstlich allein, dass sie mit ihrer wahren Meinung 
nicht hinterm Berg halten. So weiß man jedenfalls, was sie wirklich 
wollen. Das erlaubt frühzeitige Warnung vor Gefahr.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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