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Berliner Morgenpost: Ohne Konzept keine Hilfe für Opel - Kommentar

Berlin (ots)

Hätte Ex-Kanzler Gerhard Schröder das Problem Opel
zu lösen, gäbe es vermutlich längst eine Entscheidung zur Zukunft des
angeschlagenen Autobauers. Schröder hätte ein Konzept präsentiert und
dieses medienwirksam mit einem ,Basta' auf den Weg gebracht. So lief 
das im Fall des Baukonzerns Holzmann. Die Folgen sind bekannt. Von 
Bundeskanzlerin Angela Merkel hört man andere Töne. Der Bund würde 
Opel ja gern helfen, aber "bei dem Punkt sind wir noch nicht". Erst 
müsse der Autobauer noch zahlreiche Fragen beantworten. Merkel 
verbreitet keine Hoffnung, sondern Ja-Wenn-Sätze. Sie hält sich 
bedeckt, laviert, wägt ab. Punkte beim Wahlvolk sammelt man so nicht,
schon gar nicht im heraufziehenden Bundestagswahlkampf. Merkels 
Taktik ist nervenaufreibend - und dennoch richtig.
Denn bevor der Staat Opel mit Milliardenhilfen beispringt, müssen 
zwei entscheidende Frage geklärt werden: Welche Zukunft hat Opel, 
wenn der Bund jetzt mit drei oder vier Milliarden Euro unter die Arme
greift? Und noch entscheidender ist die Grundsatzfrage: Sollte sich 
der Staat überhaupt an Notoperationen für Unternehmen beteiligen oder
auf die viel beschworenen "Selbstheilungskräfte" des Marktes setzen?
Die Regierung ist gespalten, und schon deshalb wird die Systemfrage 
noch lange diskutiert werden. Am Ende zu lange für Opel, denn der 
Autobauer braucht nach eigenen Angaben schnelle Hilfe, sonst droht 
das endgültige Aus samt allen Modellen von Astra bis Zafira.
Dennoch wäre jetzt eine Grundsatzdebatte um Staatshilfen für die 
Wirtschaft nötig. Denn der Fall Opel wird nicht der letzte sein. Und 
für künftige Notoperationen sollte der Bund eine klare Linie haben.
Die Politik muss sich fragen, ob sie es verantworten will, dass ein 
Traditionsunternehmen, das über Jahre gutes Geld verdient hat - auch 
wenn es nicht hier versteuert wurde - und nicht nur durch eigene 
Fehler in Schieflage geraten ist, an einer Krise scheitert. 
Frankreich stützt und stützte seine Unternehmen, gerade die 
Autokonzerne. Das Beispiel des Zugbauers Alstom zeigt, dass das Sinn 
machen kann. Vor wenigen Jahren wurde diskutiert, ob Siemens die 
Bahnsparte des angeschlagenen Konkurrenten schluckt. Doch Paris 
päppelte den TGV-Bauer, und derweil sieht es eher so als, als würden 
sich die Franzosen irgendwann die ICE-Sparte von Siemens 
einverleiben.
Doch man muss auch andersherum fragen: Soll der Staat das Risiko 
eingehen, Milliarden in ein Unternehmen zu stecken, von dem keiner 
weiß, ob es trotz Staatshilfe die kommenden Jahre übersteht? Und wo 
fängt man mit der Hilfe an und wo hört man auf? Die Zahl der 
Bittsteller wird sich in den kommenden Monaten drastisch erhöhen. 
Wenn die Opel-Manager Bund und Länder davon überzeugen wollen, dass 
Unterstützung für sie Sinn macht, müssen sie schnell ein Konzept 
vorlegen, das beweist, dass die Steuermilliarden kein Strohfeuer 
entfachen, sondern eine Investition sind in künftige Arbeitsplätze - 
gerade in der Krise hat die Bundesregierung nichts zu verschenken.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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