All Stories
Follow
Subscribe to BERLINER MORGENPOST

BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Der neue Hass wird keine Chance haben - Kommentar zur Rückkehr des Terrorismus nach Nordirland

Berlin (ots)

Nordirland galt seit Mai vergangenen Jahres als
beinahe befriedetes Territorium; damals gebar der Friedensprozess 
eine gemeinsame Regierung zwischen ehemaligen Todfeinden auf 
protestantischer und katholischer Seite. Noch nicht ganz im Frieden 
mit sich selber - dazu hatten die 30 Jahre des Bürgerkrieges zu tiefe
Wunden geschlagen. Aber doch in Frieden mit einer Zukunft, an der 
endlich gemeinsam gearbeitet wird, als Bollwerk auch gegen jeden 
Rückfall in den Terrorismus von einst.
Doch dieser hat sich zurückgemeldet, als wollte die Mordlust erneut 
das Heft in die Hand bekommen. An den Zielen der Attentate vom 
Sonnabend und Montagabend erkennt man die alte Handschrift: britische
Soldaten und ein Mitglied der nordirischen Polizei. Das genau sind 
die Gruppen, auf die es der Untergrund abgesehen hat. Das verhasste 
Militär der "Besatzer" und deren Handlager bei der Aufrechterhaltung 
der Ordnung.
Die Remilitarisierung der irischen Frage - die Vereinigung von ganz 
Irland mit gewaltsamen Mitteln - ist längst als Utopie erkannt und 
überwunden worden, vor allem von der IRA, deren Mordkampagne gegen 
Ende des vergangenen Jahrhunderts an diesem Ziel blutig scheiterte. 
Was kann hinter der Rückkehr zu abgestorbenen Zielen stehen? Zunächst
der Selbstzweck, wie er typisch ist für Splittergruppen, über welche 
die Geschichte hinweggegangen ist: Eben diese Geschichte soll mit 
krimineller Unbelehrbarkeit verhöhnt werden.
Das Zweite betrifft "den Feind" und die Stunde der Attentate: Sie ist
geschickt gewählt und vertieft das Gefühl der Lähmung, das die 
britische Gesellschaft als Folge der Finanz- und Bankenkrise befallen
hat. Das haben die Terroristen von Ulster mit denen im Irak oder den 
jüngsten Attentätern im hoch anfälligen Pakistan gemeinsam: die 
Labilität der Zeitgeschichte und ihrer Strukturen maximal für sich 
auszunutzen.
Nicht zuletzt hofft der kriminelle Untergrund, die Ordnung "über 
Tage", das Einvernehmen unter den Partnern in der Belfaster 
Regierung, zu vergiften. Da liegt unmittelbar die größte Gefahr und 
die größte Herausforderung für die Wahrer der nordirischen 
Zivilgesellschaft: sich nicht auseinanderdividieren zu lassen zu 
neuem Misstrauen, neuem Hass.
Die Verantwortlichen in Belfast sind sich dieser Gefahr nur allzu 
bewusst, und so haben sie gestern entschiedene Eintracht 
demonstriert, um niemanden in Zweifel zu lassen, dass sich die 
Terror-Splittergruppen in Nordirland auf niemanden von Belang stützen
können. Die Attentate anno 2009 sind destruktive Akte Einzelner, 
während in der Hochzeit des Bürgerkrieges jeweils ein breites Umfeld 
die eine oder andere Untergrundseite schützend - und bedrohlich - 
umgab. Das ist heute verschwunden. Aber der Terror geht asymmetrisch 
vor, mit unterschiedlichen Waffen und doch höchst effektiv. Das macht
ihn gefährlich und weiterhin explosiv. Jetzt auch wieder in 
Nordirland.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original content of: BERLINER MORGENPOST, transmitted by news aktuell

More stories: BERLINER MORGENPOST
More stories: BERLINER MORGENPOST
  • 09.03.2009 – 20:00

    Berliner Morgenpost: Eine Krise, die Arme wie Reiche hart trifft

    Berlin (ots) - Düsterer könnte das Szenario der Weltbank kaum sein: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird die Wirtschaft rund um den Globus 2009 nicht wachsen, sondern schrumpfen. Die Krise hätte damit endgültig eine andere Dimension erreicht als all ihre Vorgänger. Sie ist ein Ereignis, das sich ins Kollektivgedächtnis der ganzen Welt einprägen wird. Die Menschheit insgesamt wird am Ende dieses Jahres ...

  • 08.03.2009 – 19:16

    Berliner Morgenpost: Angela Merkel in der Schröder-Falle - Kommentar

    Berlin (ots) - Auf der Jahrestagung des Mittelstandsverbandes BVMV vergangenen Mittwoch jubelten 2500 euphorisierte Teilnehmer dem Festredner zu. Routiniert hatte Guido Westerwelle die traditionell unionsnahen Unternehmer schwindelig geredet. Die Bundesregierung hatte Wirtschaftsstaatsekretärin Dagmar Wöhrl entsandt, die sich auf ihrer Website mit Fotos mit Hund und "Dagis Tagebuch" präsentiert - lustig, aber ...

  • 07.03.2009 – 19:18

    Berliner Morgenpost: Ohne Konzept keine Hilfe für Opel - Kommentar

    Berlin (ots) - Hätte Ex-Kanzler Gerhard Schröder das Problem Opel zu lösen, gäbe es vermutlich längst eine Entscheidung zur Zukunft des angeschlagenen Autobauers. Schröder hätte ein Konzept präsentiert und dieses medienwirksam mit einem ,Basta' auf den Weg gebracht. So lief das im Fall des Baukonzerns Holzmann. Die Folgen sind bekannt. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel hört man andere Töne. Der Bund würde ...