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Berliner Morgenpost: Kommentar - Die Versprechen von heute sind die Lügen von morgen

Berlin (ots)

Man muss nicht Deutschlands berühmtester
Schuldnerberater Peter Zwegat sein, um ein paar Grundsätze solider 
Haushaltsführung zu beherrschen. Regel Nummer eins: Nicht mehr Geld 
ausgeben als absehbar in die Kasse kommt. Regel Nummer zwei: Wenn 
Schulden, dann investiv - geliehenes Geld wird also nicht verjuxt, 
sondern in Projekte gesteckt, die eines Tages Gewinn abzuwerfen 
versprechen. Drittens: Unbedingt eine Überschuldung vermeiden. Denn 
Miese im Übermaß blockieren jede Handlungsfreiheit. Und viertens, die
Kür: Reserven für schlechte Zeiten anlegen.
Im Wahlkampfwahn des Krisenjahres 2009 geben sich beide regierenden 
Volksparteien größte Mühe, all diese einfachen Haushaltsregeln 
gleichzeitig zu ignorieren. Nach Bankenschirm, Konjunkturpaketen und 
Abwrackprämie legte die SPD noch einmal nach mit dem Lohnsteuerbonus.
Und Arbeitsminister Olaf Scholz packte gleich noch eine 
Rentengarantie oben drauf. Natürlich gibt sich der Sozialverband VdK 
so billig nicht zufrieden und fordert Nachschlag. Es war nur eine 
Frage der Zeit, bis die Kanzlerin kontern würde. Jetzt ist es so 
weit: Angela Merkel verspricht weniger Steuern, mehr Investitionen 
und selbstverständlich Schuldenabbau. Weihnachten, Ostern und 
Freibier an einem Tag ist allerdings wahrscheinlicher. Schließlich 
wissen nicht nur die aufmüpfigen CDU-Ministerpräsidenten, dass es der
Bundesregierung selbst in den Jahren 2007 und 2008, als die 
Steuereinnahmen sprudelten wie nie zuvor, nicht gelungen ist, ohne 
neue Schulden auszukommen.
Denn sicher ist derzeit nur eines: Niemand kennt auch nur annähernd 
den Stand in den Kassen von Bund, Ländern und Kommunen. HRE und 
Kurzarbeitergeld, steigende Sozialleistungen durch Jobverlust und 
zahllose andere bisweilen nicht einmal abzusehende Kostenposten wie 
das Cross Border Leasing vieler Städte addieren sich zu einem Knäuel 
finanzieller Ungewissheiten. Nur eines steht fest: Die Schulden 
werden mächtig und lassen keinerlei Spielraum für Späße. Wir erinnern
uns an 2003, als die Städte die meisten ihrer Betriebe 
privatisierten, um ihren laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten. Die 
meisten öffentlichen Sparguthaben, in welcher Form auch immer, sind 
verfrühstückt. Knappheit wird die kommenden Haushalte diktieren, im 
Bund, in Berlin, sogar in Baden-Württemberg.
Jedes Versprechen heute wird unausweichlich morgen in Enttäuschung 
münden. Relativ frisch ist noch die Mehrwertsteuer-Flunkerei aus dem 
Wahlkampf 2005. Aus zwei Prozent (CDU) und null Prozent (SPD) wurden 
letztlich drei Prozent Aufschlag. Lügen mit Ansagen sind die 
sicherste Methode, die kostbare Ressource Vertrauen zu verspielen. 
Fakt ist: Nach der Wahlparty gibt es keine Geschenke, sondern einen 
Dreiklang aus höheren Steuern, Streichungen und Inflation. Die ewig 
bemühte Ausrede von Kassensturz und Finanzierungsvorbehalt sind 
nichts anderes als gut sichtbar gekreuzte Finger.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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