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Berliner Morgenpost: Kommentar - Warum ausgerechnet Fiat Opel helfen könnte

Berlin (ots)

Ja, daran werden wir uns auch noch gewöhnen müssen.
Dass unsere, natürlich überaus fundierten, Vorurteile nicht mehr so 
recht taugen für die Blaupausen der Zukunft. Es ändert sich da gerade
ein bisschen was in der Welt.
Fiat, zum Beispiel, genau: diese sogenannten Autofabrikanten aus dem 
Land der Pizzabäcker, Spaghettiköche und merkwürdigen 
Regierungschefs. Die mit den untermotorisierten Rostlauben und einem 
Kleinwagen namens 500, der allenfalls aussieht wie 50-einhalb. Ja, 
ausgerechnet dieses italienische Unternehmen könnte eine Aufgabe 
bewältigen, an der unser deutscher Daimler gescheitert ist. Chrysler 
hat Mercedes an den Rand des Ruins gebracht. Jetzt übernimmt Fiat. 
Und Opel - unseren guten, alten Opel, Papas Wagen - den wollen sie 
auch. Fiat! Das muss man erst mal verkraften.
Ernsthaft: Es liegt im Interesse unseres Landes, unserer 
Arbeitnehmer, dass die Bundesregierung, dass auch das Unternehmen 
Opel sich eben nicht von den gut gepflegten Klischees der 
Vergangenheit beeindrucken lassen, sondern die Papiere intensiv 
prüft, die die Turiner Konzernchefs gestern in Berlin vorgelegt 
haben. Trotz oder gerade auch wegen der darin enthaltenen Härten wie 
der möglichen Aufgabe des Standorts Kaiserslautern: Es deutet einiges
darauf hin, dass die Perspektiven der Rüsselsheimer Traditionsmarke 
unter Fiats Fittichen besser sein könnten als unter denen eines 
kanadischen Zulieferers oder auch eines Finanzinvestors.
Dafür spricht zum Beispiel die Einschätzung vieler Experten, dass die
massenhafte Herstellung von Automobilen künftig ökonomisch nur noch 
ab einer Stückzahl von fünf, vielleicht sechs Millionen Fahrzeugen im
Jahr zu gewährleisten ist. Dafür spricht auch, dass sich die 
Produktpaletten der beiden Unternehmen ganz geschmeidig aufeinander 
einstellen ließen. Fiat für die Kleinwagen, Opel für die 
Mittelklasse, eines Tages vielleicht auch für höhere Ansprüche, mit 
einem neuen Opel "Kapitän" zum Beispiel oder einem "Diplomat". Dafür 
spricht außerdem, dass mit dem dritten Partner Chrysler auch große 
Märkte außerhalb Europas bespielt werden könnten. Nicht zuletzt: 
Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise, angesichts der sich in 
deren Folge abzeichnenden, sehr harten Verteilungskämpfe sind die 
Europäer insgesamt, aber eben gerade auch die hier verwurzelten 
Konzerne, gehalten, alte Ressentiments beiseitezuschieben und viel 
stärker als bisher zusammenzuarbeiten.
Andererseits, und auch das muss die Bundesregierung - aller 
Wahlkampfverlockung und aller Pflicht zum Arbeitsplatzerhalt zum 
Trotz - sorgfältig wägen: Die Rettung der Opel AG darf am Ende, 
unterm Strich und bei Einrechnung aller Folgekosten der Alternative 
Insolvenz, nicht zulasten der Steuerzahler gehen. Staatliche Hilfen, 
sei es in Form von Bürgschaften oder anderer Wettbewerbsvorteile, 
kann und darf es nur geben, wenn damit belastbare Vorteile wie 
dauerhafte Arbeitsplatzgarantien und damit auch Steuereinnahmen 
hierzulande verbunden sind.
Das mag man für typisch deutsches Sicherheitsdenken halten, es bleibt
aber richtig. Auch in neuen Zeiten.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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