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Berliner Morgenpost: Gute Wahl ohne Nebenwirkungen - Kommentar

Berlin (ots)

So. Das war ja dann doch deutlich unspektakulärer
als erwartet, und wir wissen gar nicht, ob das vielleicht an der 
Fußballbegeisterung potenziell unsicherer Kantonisten im bürgerlichen
Lager gelegen hat, die am Ende doch keine Lust hatten auf endlose 
Wählerei und lieber in Ruhe das Bundesliga-Finale gucken wollten als 
Löcher in die Luft der Reichstagsgänge. Oder ob im Vorfeld der 
Präsidentenwahl einfach zu viel spekuliert worden ist von uns 
Medienleuten. 613 Stimmen für Horst Köhler, eine sehr disziplinierte 
Mehrheit für den alten und neuen Bundespräsidenten, gleich im ersten 
Wahlgang. Kein Hätte, kein Wenn, kein Aber. Statt dessen ein 
Ergebnis, das - kein schlechtes Zeichen für eine repräsentative 
Demokratie - den Willen der großen Mehrheit der Bundesbürger 
spiegelt.
Die wollte ja, dass Horst Köhler Hausherr bleibt im Schloss Bellevue.
Dass nicht Gesine Schwan Deutschland repräsentiert in den kommenden 
fünf Jahren. Eine Kandidatin, von der man bis zuletzt nicht so recht 
wusste, was man bekommen würde, wenn man sie unterstützt. Eine 
Quasselstrippe? Einen Linksrutsch? Klaus Wowereit hatte gestern im 
Reichstag jedenfalls schon mal recht demonstrativ Platz genommen 
neben den Herren Gysi und Lafontaine. Rot-Rot-Grün am Ende?
Der Deutsche mag ein wenig risikofreudiger geworden sein in den 
vergangenen 60 Jahren, aber im Prinzip bleibt er dann doch ganz gerne
bei Persil: Da weiß man, was man hat.
In diesem Fall einen Bundespräsidenten, für den man sich zunächst mal
von Herzen freuen kann, dass sein durchaus intensiver Wunsch nach 
einer zweiten Amtszeit in Erfüllung gegangen ist. Dass er weiterhin 
im Schloss Bellevue Staatsgäste empfangen, Gesetze unterschreiben, 
sich für Afrika engagieren und gelegentlich den Menschen, vor allem 
aber der zwei Kilometer entfernt siedelnden politischen Masse die 
Leviten lesen kann.
Das wird vermutlich sogar etwas häufiger passieren bis zur nächsten 
Bundesversammlung im Jahr 2014. Köhler, ein überaus freundlicher, 
ehrlicher Mann, der sich der bei Politikern üblichen professionellen 
Deformation eindrucksvoll widersetzt hat, kann ja gelegentlich auch 
sehr ungehalten werden, fast wütend. Er kann dann nur mit großer Mühe
und sehr viel Pflichtgefühl verbergen, wie sehr ihn die politische 
Taktiererei und Tatenlosigkeit zuweilen nervt. Insofern darf man auch
gespannt sein auf seine zweite Amtszeit: Vielleicht wird er in den 
kommenden fünf Jahren ja noch etwas deutlicher, präziser, 
unverstellter in seinen Mahnungen.
Noch etwas ist wohltuend am glatten Verlauf der gestrigen 
Bundesversammlung. Er taugt so gar nicht zu irgendeiner Art von 
Spekulation darüber, was er für den weiteren Verlauf des 
Bundestagswahljahres 2009, für mögliche oder unmögliche 
Regierungskonstellationen bedeutet. Es war eine 
Bundespräsidentenwahl, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und sie 
hatte ein gutes Ergebnis.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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