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Berliner Morgenpost: Zu den steigenden Kreditaufnahmen im Bund und im Land Berlin

Berlin (ots)

Immer neue Rekorde; allerdings von der Sorte, die
allein tiefe Besorgnis auslösen. Richtig befürchtet: Gemeint sind die
neuen Schulden-Höchststände; in Berlin ebenso wie im Bund.
Dass der Berliner Senat angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise 
einen zweiten Nachtragshaushalt mit jetzt neuen Schulden von 1,6 
Milliarden Euro in 2009 beschlossen hat, ist weniger überraschend als
die gestrige Mittelfristprognose des neuen Finanzsenators Ulrich 
Nußbaum. Der verkündete mal eben lapidar, dass Berlins derzeitiger 
Rekordschuldenstand von rund 60 Milliarden Euro in den kommenden vier
Jahren auf 70 Milliarden Euro steigen werde. Als sei das 
schicksalhaft hinzunehmen. Von dringlich erforderlichen 
Sparmaßnahmen, von strengster Haushaltsdisziplin, vom Durchforsten 
von in Berlin noch immer üppig fließenden Sozialprogrammen ohne 
gewünschte Rendite kaum noch die Rede. Eben aus der Stadt, scheint 
Nußbaums Vorgänger Thilo Sarrazin auch schon vergessen. Das große 
Ziel, Berlins Schulden- und damit seine Zinslast zu mindern, um 
wieder mehr politischen Spielraum zu gewinnen, rückt in unendliche 
Ferne.
Vorbei der Mut von Rot-Rot, die große politische Herausforderung der 
Haushaltssanierung anzupacken. Einen Mentalitätswechsel hat der 
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bei Amtsantritt versprochen. 
Doch kaum haben die ersten spürbaren Erfolge durch die 
Weltwirtschaftskrise einen Rückschlag erlitten, droht Berlin in 
seinen alten Trott zu verfallen: zurück zur Politik des leichten 
Geldes ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Generationen. Dazu passt 
das "Nein" Berlins zur Schuldenbremse, wie sie im Grundgesetz 
verankert werden soll.
Im Bund hat Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Schuldenrekord 
seines Vorvorvorgängers Theo Waigel (CSU) gebrochen. Der hatte 1996 
Kredite in Höhe von 40 Milliarden Euro aufgenommen. Bei Steinbrück 
werden es in diesem Jahr mindestens 47,6 Milliarden Euro. Die 
Opposition rechnet einschließlich aller Schattenhaushalte und 
Sonderfonds am Ende gar mit 70 bis 80 Milliarden Euro.
Nun ist ja schwerlich zu kritisieren, dass angesichts einer Krise wie
der gegenwärtigen alle Haushaltsplanungen in Berlin wie im Bund 
durcheinandergeraten. Sorgen macht allerdings, wie teilweise 
leichtfertig angesichts der näher rückenden Wahlen zusätzliches 
Steuergeld per Kreditaufnahme lockergemacht wird. Denn wer glaubt 
ernsthaft, dass nach dem Ende der Krise bei dann wieder sprudelnden 
Steuereinnahmen diese tatsächlich - wie geboten - zur Schuldentilgung
statt für neue soziale Wohltaten verwendet werden. Alle Erfahrung aus
den vergangenen 60 Jahren spricht dagegen. Und wenn jetzt über 
dramatisch sinkende Steuereinnahmen gejammert wird, ist das auch nur 
die halbe Wahrheit. Erstens beziehen sich die Ausfälle auf 
Einnahmeprognosen, nicht auf reale Werte. Zudem sind die 
Steuereinnahmen in den vergangenen vier Jahren wiederum kräftig 
gestiegen: von 450 Milliarden Euro am Ende von Rot-Grün auf rund 530 
Milliarden Euro. Über einen Mangel an Steueraufkommen kann sich der 
Staat schwerlich beklagen. Sein Problem bleibt die Ausgabenlust.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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