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Berliner Morgenpost: Eine Pflicht gegenüber den Generationen - Kommentar zur Schuldenbremse

Berlin (ots)

Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich auch
finanzpolitisch ganz ungeniert. Diese Resignation signalisierende 
Volksweisheit wollen Bund und Länder mit der Schuldenbremse nicht 
länger für sich gelten lassen. Es wird höchste Zeit. Einen 
Schuldenberg in Höhe von 1,65 Billionen Euro haben die Regierungen in
Bund, Länder und Kommunen in den vergangenen 40 Jahren aufgetürmt, 
auf jedem Bundesbürger lasten deshalb mittlerweile 21.300 Euro 
Schulden.
Es ist der zweite Anlauf zur Selbstdisziplin. Seit Jahrzehnten schon 
setzt das Grundgesetz im Artikel 115 (nicht mehr Kredite als 
Investitionen im jeweiligen Haushalt) der Verschuldung in Bund und 
Ländern Grenzen. Doch keine Regierung hat diese Verfassungsvorgabe 
wirklich ernst genommen. Das muss mit dem neuen Versuch endlich 
gelingen. Anderenfalls nimmt die Staatsverschuldung hoffnungslose 
Ausmaße an und werden die nachfolgenden Generationen in 
unverantwortbarer Weise belastet. Dabei ist die Vereinbarung nicht 
einmal besonders ehrgeizig, die Bremsspur entsprechend lang. Zudem 
gibt es für die ganz Armen auch noch Bremshilfen.
Dass sich dennoch drei Länder im Bundesrat der Grundgesetzerweiterung
verweigerten, spricht Bände. Das gilt insbesondere für Berlin.
Gut 60 Milliarden Euro mit wieder steigender Tendenz zeigt der 
Schuldenstand der Stadt an. Dafür werden jährlich 2,4 Milliarden Euro
Zinsen fällig. Zum Vergleich: Für seine knapp 30.000 Lehrerinnen und 
Lehrer bezahlt der Senat pro Jahr rund 1,3 Milliarden Euro. Nur eines
von vielen Beispielen, die aufzeigen, wie überfällig der Abbau der 
Schulden und damit zugleich der Zinslast ist, damit Politik wieder 
verantwortbaren Handlungsspielraum zurückgewinnt. Nicht etwa eine 
Schuldenbremse stranguliert die Haushalte, wie auch der Berliner 
Senat aus SPD und Linkspartei behauptet, sondern die Altschulden samt
der fälligen Zinsen. Sein Argument, in Krisenzeiten wie der 
gegenwärtigen sei eine Schuldenbremse zudem kontraproduktiv, weil die
Wirtschaft doch mit Steuergeldern angekurbelt werden müsse, zieht 
ebenfalls nicht. In extremen Lagen darf der Schuldendeckel auch 
künftig vom Bund wie von den Ländern gelüftet werden. Allerdings 
unter einer Voraussetzung. Es muss zugleich ein Tilgungsplan erstellt
werden, der nach Ende der Krise die unverzügliche Rückzahlung der 
Sonderkredite festschreibt.
Dass Berlin nicht willens war, diesen Sparpakt mitzutragen, bestärkt 
die Befürchtung, dass es Rot-Rot nach dem Abgang Thilo Sarrazins 
nicht mehr sehr ernst meint mit einer soliden und künftige 
Generationen schonenden Haushaltsführung. Dennoch ist auch Berlin an 
die beschlossene Grundgesetzänderung gebunden, wie es als armes Land 
Anspruch auf jährlich 80 Millionen Euro Sonderzahlung hat, um das 
Neuschuldenziel Null bis 2020 zu erreichen.
Selbst wenn die Schuldenbremse insgesamt eine eher sanfte ist, bedarf
es gewaltiger Anstrengungen in Bund und Ländern, um dem neuen 
Verfassungsgebot gerecht zu werden. Das setzt aber auch voraus, dass 
der Bund nicht länger immer neue Gesetze beschließt, deren 
finanzielle Auswirkungen die Länder zu tragen haben.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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