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Berliner Morgenpost: Eine Rechnung, die keiner bezahlen kann - Leitartikel

Berlin (ots)

Drei Monate vor der Bundestagswahl hat der
Bundestag noch einmal ein Mammutprogramm erledigt: Zunächst wurden am
Donnerstag bis tief in die Nacht wichtige Beschlüsse zur 
Patientenverfügung, zu Internetsperren, zu Verkehrsprojekten oder 
Managergehältern getroffen, gestern nun standen neben der Kurzarbeit 
auch die Rentengarantie und finanzielle Entlastungen für die 
Bundesbürger auf dem Programm. So werden die Steuerzahler im nächsten
Jahr um rund 9,5 Milliarden Euro entlastet, weil die Beiträge zur 
Kranken- und Pflegeversicherung künftig besser steuerlich absetzbar 
sind. Hinzu kommen befristete Entlastungen für Unternehmen in Höhe 
von rund 2,5 Milliarden Euro - beispielsweise durch die gestern 
beschlossene Anhebung der Zinsschranke. Das alles sind gute und 
wichtige Beschlüsse, die gerade in der Wirtschaftskrise Steuerzahlern
und Unternehmen helfen können.
Und doch: Der Blick in die kommenden Jahre ist alles andere als 
rosig. Denn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ließ gestern 
von seinem Staatssekretär seinen Nachtragshaushalt im Bundestag 
einbringen. Allein in diesem Jahr nimmt die Bundesregierung demnach 
47,6 Milliarden Euro an neuen Schulden auf. Das heißt 
Rekordverschuldung. Bislang hatte der ehemalige Bundesfinanzminister 
Theo Waigel (CSU) den Rekord gehalten, als er im Jahr 1996 knapp über
40 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnahm. Jetzt kommt es noch 
schlimmer, im nächsten Jahr wird es dann aber geradezu desaströs. 
2010 muss Steinbrück nämlich knapp 90 Milliarden Euro an neuen 
Schulden aufnehmen. Eine bis dato unvorstellbar hohe Summe. Und was 
für ein schwarzer Tag für die junge Generation, die diese vielen, 
vielen Milliarden irgendwann einmal zurückzahlen muss. Wie, das kann 
derzeit keiner seriös sagen.
Wie der Bund stecken auch die Länder in Problemen. Morgen versucht 
die große Koalition in Schleswig-Holstein, sich über Schuldenbremse 
und Einsparungen zu verständigen - ob das bis aufs Blut zerstrittene 
Regierungsbündnis das schafft, steht in den Sternen. In Berlin zieht 
sich der Senat am Montag zu einer Klausurtagung zurück, um sich auf 
einen Haushaltsplan zu einigen. Angesichts der Forderungen aus den 
einzelnen Senatsressorts ist zu befürchten, dass auch der Berliner 
Senat vor Einsparungen zurückzucken und stattdessen ebenfalls mehr 
Schulden aufnehmen wird. Wiederum in Milliardenhöhe.
Sicherlich ist es richtig, der Krise nicht hinterher zu sparen. Aber 
genauso gilt auch, dass man sich in der Krise nicht alles leisten 
kann. Der Bund muss deshalb alle Ausgaben überprüfen und, wenn nötig,
geplante Projekte auch streichen oder verschieben. Das Gleiche gilt 
für Berlin, das sich jetzt schon wieder eine zentrale 
Landesbibliothek in Tempelhof oder eine neue Kunsthalle am 
Humboldthafen bauen will. Es ist wie in jedem privaten Haushalt: Wenn
kein Geld verdient wird, dann kann man sich auch nicht jeden Wunsch 
erfüllen. Die jungen Menschen werden es später danken.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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