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Berliner Morgenpost: Guttenberg wird zum Problem für die FDP

Berlin (ots)

Seit dem Rückzug des Entertainers Joschka Fischer
in seine edle Dahlemer Küchenzeile mangelte es der deutschen Politik 
an Popstars - bis Karl-Theodor zu Guttenberg kam. Der smarte Baron 
aus Franken brachte es diese Woche sogar auf den Titel des Magazins 
"Stern", obgleich in Illustriertenkreisen die eherne Regel gilt, dass
Politiker vorn drauf sicheres Kassengift sind. Nur der 
Wirtschaftsminister offenbar nicht: denn er ist jung, neu, kann einen
Computer bedienen und sogar Englisch, weshalb er um ein gutes 
Jahrhundert frischer wirkt als Struck, Glos und all die anderen 
Figuren aus dem Jurassic Park des politischen Berlin.
Warum der Nachwuchsmann so populär ist, den Horst Seehofer vor einem 
halben Jahr aus reiner Verlegenheit ins Kabinett schob, ist mit 
Regierungsleistung allein nicht zu erklären. Nun gut, er war an den 
richtigen Stellen bockbeinig, er widerstand den Populismen der 
Altkräfte, die Opel und Quelle heldenhaft mit fremdem Geld retteten 
und auch Robotron noch wiederbelebt hätten, wenn es Stimmen bringen 
würde. Aber Guttenbergs wahre Leistung besteht darin, alle 
Verlässlichkeiten durcheinanderzubringen, die bis vor wenigen Monaten
als unumstößlich galten. Der neue Minister hat eine Kettenreaktion in
Gang gesetzt, die eines Tages als guttenbergsche Stimmenverschiebung 
in die politische Geschichte eingehen könnte: Denn er bewegt das 
derzeitige Stimmengefüge womöglich um wenige, aber entscheidende 
Millimeter.
  Nach dem Weggang des unwirschen Friedrich Merz hatte die 
Union ein gewaltiges Problem: Da, wo ein Wirtschaftsexperte auf der 
Bühne stehen sollte, klaffte ein schwarzes Loch, das der 
Verlegenheitskandidat Guttenberg eher zufällig schloss. Mit der neuen
ökonomischen Kompetenz der Union bekommen nun die selbstgewissen 
Liberalen ein Problem. Denn der Wirtschaftsminister entzaubert die 
FDP als Wirtschaftspartei ohne Wirtschaftsexperten in der ersten 
Reihe. Nicht auszuschließen, dass Guttenberg ein paar Abtrünnige 
zurückholt, die grummelnd rübergemacht hatten zu Westerwelle.
Während die Höhenflieger von der FDP leicht sinken, könnten die 
Grünen wiederum stärker aufholen. Das Chaos um Krümmel, die ekligen 
Enthüllungen über Glibberschinken und Plastikkäse, die allgemeine 
Sorge um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder und die Schwäche 
der SPD treiben der Öko-Partei die Stimmen zu. Am Ende könnte es ein 
Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Grünen und der FDP geben, das 
möglicherweise zu nicht geplanten, überraschenden Mehrheiten führt - 
guttenbergsche Stimmenverschiebung eben.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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