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Berliner Morgenpost: Bei der SPD herrscht vor allem Mutlosigkeit - Leitartikel

Berlin (ots)

Ulla Schmidt macht es auch den ihr Wohlgesonnenen
nicht leicht: Gestern, fünf Tage nach Bekanntwerden der 
Dienstwagen-Affäre, gab die Gesundheitsministerin einmal mehr eine 
Erklärung ab. Zur Nutzung ihres Dienstwagens am spanischen 
Urlaubsort, zu den entstandenen Kosten und den Vorwürfen des 
Rechnungshofes, zu ihrer Position im SPD-Wahlkampfteam. Und mit jeder
neuen Erklärung macht die SPD-Politikerin die Sache nur noch 
schlimmer. Den Schaden haben - knapp zwei Monate vor der 
Bundestagswahl - die SPD und ihr Kanzlerkandidat Frank-Walter 
Steinmeier.
Da sind zum einen die Berechnungen des Ministeriums, warum die 
Nutzung des Dienstwagens inklusive Leerfahrt nach Spanien und Fahrer 
preisgünstiger gewesen sei als das Anmieten eines Autos vor Ort. 
Diese Varianten sind so peinlich, dass man sie gar nicht aufzählen 
mag. Nur so viel: Angeblich hätte ein Mitarbeiter der Ministerin zu 
Urlaubsbeginn und zum Urlaubsende nach Spanien fliegen müssen, um 
dort die Büroausstattung für Ulla Schmidt auf- und wieder abzubauen. 
Das, so das Gesundheitsministerium, wäre aber teurer gewesen als die 
von Schmidt gefundene Lösung. So habe der Fahrer die Büroausstattung 
mitbringen, aufstellen und auch wieder abbauen können. Ganz ehrlich: 
Welch aufwendige Büroausstattung braucht Ulla Schmidt in ihrem 
Sommerurlaub? Einen Laptop, einen Blackberry beziehungsweise ein 
Handy. Noch mehr? Einen Drucker? Ein Faxgerät? Wohl kaum. Zumal es in
jedem guten Hotel Möglichkeiten gibt, E-Mails zu verschicken, Texte 
auszudrucken oder Faxe zu empfangen.
Und so verwundert auch, dass Ulla Schmidt und die sie umgebenden 
Berater nicht merken, dass sie die Sache immer schlimmer machen. Bei 
solchen Affären muss man, sobald sie öffentlich bekannt werden, Farbe
bekennen. Also den Fehler eingestehen und alles erzählen. Nur dann 
hat ein Politiker eine Chance, aus dem Schlamassel herauszukommen. 
Ulla Schmidt gibt die Wahrheit nur nach und nach preis, sprach 
zunächst von einem privaten Mietwagen vor Ort, verschwieg die 
Begleitung des Fahrersohns, den wahren Ablauf des Einbruchs. Auf 
diese Weise werden der Schaden und die Empörung in der Bevölkerung 
immer größer. Übrigens völlig zu Recht.
Doch Ulla Schmidt gibt sich uneinsichtig. Sie fühle sich im Recht, 
erklärte die SPD-Frau gestern nochmals. Und will deshalb auch nur ein
bisschen aus dem SPD-Kompetenzteam für die Bundestagswahl 
ausscheiden. Sie habe Steinmeier angeboten, "zunächst" auf die 
Mitgliedschaft im Team zu verzichten. Also nur so lange, bis die 
Vorwürfe geklärt sind. Schließlich, so Schmidt gestern, sei ihr 
wichtig, "die Kampagne nicht zu beeinträchtigen". Das aber hat sie 
schon nachhaltig getan.
Ulla Schmidt fehlte gestern der Mut zum Rücktritt - und dem 
SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier die Kraft, sie ohne Wenn und Aber 
aus seinem Schattenkabinett auszuschließen und ein neues Gesicht für 
die Gesundheitspolitik zu präsentieren. Was für ein Desaster.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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