Berliner Morgenpost: Warum die Deutschen zuviel für Strom bezahlen - Leitartikel
Berlin (ots)
Die deutschen Strom- und Gaspreise gehören zu den höchsten in Europa. In einem Land, das über den modernsten Kraftwerkspark der Welt mit beträchtlichen Überkapazitäten verfügt, ist das ein merkwürdiger Befund. Die Monopolkommission, ein vom Bundespräsidenten berufenes Expertengremium, hat sich an die Ursachenforschung gemacht. Das Ergebnis kommt einer schallenden Ohrfeige für die Bundesregierung gleich: Elf Jahre nach der Liberalisierung des deutschen Strommarktes ist es den Energiepolitikern immer noch nicht gelungen, für funktionierenden Wettbewerb sorgen. Vier Kraftwerksbetreiber dominieren nach wie vor 85 Prozent des Strommarktes - und untergraben mit ihrer Angebotsmacht die Regeln des Wettbewerbsrechts zu Lasten der Verbraucher. Dabei bringt es wenig, den Energiekonzernen "Abzocke" vorzuwerfen, wenn sie nur die von der Politik gezogenen Spielräume ausnutzen. Es war die Politik, die es nicht verstanden hat, das Quasi-Monopol auf dem Energiemarkt aufzubrechen und das Wettbewerbsrecht effektiv durchzusetzen. Statt es neuen Anbietern leicht zu machen durch klare Rahmenbedingungen, wurde die Branche mit einer Unzahl sich widersprechender Politikziele überfrachtet. Diese politischen Anforderungen und Vorgaben können aber letztlich nur die Platzhirsche tragen - was ihre Vormachtsstellung auf dem Markt zementieren dürfte. Eigentlich sollte Energiepolitik nur zu einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Versorgung führen. Doch dieses im Energiewirtschaftsgesetz verankerte "Zieldreieck" gilt in der Realität längst nicht mehr. Inzwischen muss die Energiebranche etwa auch finanzpolitischen Zwecken dienen, wie man an einem Strompreis unschwer ablesen kann, der zu 40 Prozent aus Steuern und staatlichen Abgaben besteht. Auch für industriepolitische Zwecke wird die Versorgungsbranche missbraucht. So lassen sich etwa die milliardenschweren Subventionen für erneuerbare Energien umweltpolitisch nicht rechtfertigen, wie die Monopolkommission klar feststellt. Da der CO2-Ausstoß in Deutschland schon durch den Emissionshandel effektiv begrenzt wird, bringen die Ökostrom-Subventionen keinen "Mehrwert" fürs Klima - sondern stellen reine Industriepolitik dar. Dass die Ökostrom-Subventionen aber die Spielräume für Wettbewerb auf dem Energiemarkt noch enger machen, ist eine Botschaft der Monopolkommission, die vom ökologisch-orientierten Mainstream in Politik und Gesellschaft wohl nicht gern gehört werden wird. Um die Erkenntnis, dass die hohen Energiepreise auch mit überzogenen Ansprüchen zu tun haben, kommt man nach dem Gutachten der Monopolkommission aber nicht mehr herum.
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