Berliner Morgenpost: Im Urlaub kann der Dienstwagen stehen bleiben - Kommentar
Berlin (ots)
Acht Bundesminister sollen ihren Dienstwagen in den vergangenen eineinhalb Jahren auch privat im Urlaub genutzt haben. Sechs SPD-Minister sowie der ehemalige Landwirtschaftsminister Horst Seehofer und dann seine Nachfolgerin Ilse Aigner (beide CSU). Und alles, so heißt es in der gestern öffentlich gewordenen Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage eines Grünen-Abgeordneten, sei mit rechten Dingen zugegangen. Denn die Nutzung des Dienstwagens ist den Ministern seit 1993 auch privat erlaubt, zudem hätten die betroffenen Politiker die Fahrten auch privat abgerechnet und versteuert. Also alles okay? Sicherlich: Die Fälle, die jetzt bekannt geworden sind, sind etwas anderes als die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Schmidt hatte ihren Fahrer mit dem leeren S-Klasse-Mercedes tausende Kilometer ins ferne Spanien und wieder zurück nach Berlin fahren lassen, während sie selbst das Flugzeug nutzte. Und dies nur, weil sie vor Ort einige wenige dienstliche Termine hatte. Dadurch entstanden Kosten, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einsatz stehen und für die wieder einmal der Steuerzahler aufkommen muss. Das ist der Unterschied beispielsweise zu Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD), der, wie gestern bekannt wurde, mit dem Dienstwagen selbst nach Südtirol fuhr oder an einem verlängerten Wochenende privat mit dem Auto in Norddeutschland unterwegs war. Auch Seehofer muss sich rechtlich nichts vorwerfen lassen, weil er sich als Bundeslandwirtschaftsminister von seinem Wohnsitz in Ingolstadt zu seinem Ferienhaus im 30 Kilometer entfernten Schamhaupten fahren ließ. Zumal die Fahrt privat deklariert und versteuert wurde. Und doch können auch all diese Politiker - und besonders Ulla Schmidt - eines lernen: Nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, ist auch politisch oder moralisch korrekt. In der Hauptstadt dürfen die Bundestagsabgeordneten die Fahrbereitschaft nutzen, auch am Wochenende, auch um 3 Uhr morgens. Und nicht wenige tun das, obwohl sie ein Taxi rufen und erst recht bezahlen könnten. Die Kosten für die Fahrbereitschaft trägt der Steuerzahler. Das ist der große Unterschied zur privaten Wirtschaft, wo Dienstfahrzeuge natürlich auch genutzt werden. Und auch Bundesminister könnten im Urlaub mit dem Taxi zum Flughafen fahren, dann kämen Missverständnisse gar nicht erst auf. Wohin mangelnde Sensibilität führt, erfährt die SPD derzeit schmerzhaft: Auf 20 Prozent sind die Sozialdemokraten abgestürzt, auf dem Höhepunkt der Affäre am Mittwoch letzter Woche, maßen die Meinungsforscher sogar nur eine Zustimmung von 16 Prozent. Schlimmer geht es kaum.
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