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Berliner Morgenpost: Merkel gegen Steinmeier - Worum es heute geht - Leitartikel

Berlin (ots)

Nun können wir uns die beiden heute Abend ja noch
mal anschauen. Und wenn wir schlau sind, dann schieben wir alles, was
wir bisher von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier gehört 
haben, beiseite, haken die Vorurteile ab, schließen die Schubladen 
und bilden uns ein Urteil: Ist die gut? Kann der das?
Unterm Strich ist Deutschland nicht so schlecht gefahren mit der 
Unionskanzlerin und dem SPD-Außenminister, auch wenn nicht jeder zu 
jedem Jota schwarz-roten Regierungshandelns Beifall klatschen mag und
kann. Beide sind leise und sehr effizient, was nicht ganz schlecht 
ist in den Ämtern, die sie derzeit bekleiden.
Andererseits spielt die Fähigkeit, die anderen, die Wähler 
mitzunehmen, sie auch mal zu begeistern, ihnen die Demokratie und 
ihre wichtigsten Ämter als etwas Bewahrenswertes nahezubringen, als 
etwas, für das es sich lohnt, zu kämpfen oder wenigstens: wählen zu 
gehen, auch eine Rolle in unserer Gesellschaft. Eine Kanzlerin, ein 
Kanzler muss das auch können, er sollte nicht nur inhaltlich auf der 
Höhe sein, sondern auch emotional, empathisch. Das gehört dazu.
Es ist, wenn Umfragen noch irgendeine Bedeutung haben sollen nach 
dieser Bundestagswahl, nicht sonderlich wahrscheinlich, dass 
Frank-Walter Steinmeier dieses Amt ausüben wird in den kommenden vier
Jahren. Und es gibt nicht wenige, die das heutige Duell deshalb 
voreilig abschreiben, weil einer am Ende gar nicht gewinnen kann, 
ohne wortbrüchig zu werden. Aber auch ohne diese Option, ohne dieses 
Entweder-oder, geht es um sehr viel heute Abend.
Für Angela Merkel, die auch 2005 mit einem riesigen gefühlten 
Vorsprung in den Wahltag ging und dann gerade noch so eben, in einer 
großen Koalition, Kanzlerin werden konnte, ganz knapp. Was, wenn sich
so etwas wiederholt heute in zwei Wochen? Wenn sie ihre unglaublich 
hohen Sympathiewerte nicht umsetzen kann in Stimmen für die CDU? Kann
sie dann souveräne Kanzlerin bleiben in einer neuerlichen Koalition 
mit der SPD, die dann eine auf Abruf wäre? In dem Moment, in dem 
Oskar Lafontaine den Weg frei machte, könnte sich niemand in der SPD 
mehr erfolgreich sperren gegen ein rechnerisch ja jetzt schon 
mögliches rot-rot-grünes Bündnis. Ein ähnlich schlechtes Ergebnis wie
2005, das wäre der Anfang vom Ende der Ära Merkel. Auch das sollte 
man im Hinterkopf haben heute Abend.
Auch für Frank-Walter Steinmeier geht es um einiges. Für den 
Aufrechten, den, der musste, als kein anderer mehr so recht infrage 
kam in der SPD. Es geht um seine Ehre, um das Ausräumen des 
Verdachts, als Kanzlerkandidat ein peinlicher Irrtum gewesen zu sein,
ein Notstandskandidat, der es nicht vermochte, das Abrutschen seiner 
Partei in eine vermutlich ziemlich langwierige Bedeutungslosigkeit zu
verhindern. Wer endet schon gern als Totengräber? Steinmeier wird 
kämpfen. Auf seine Art.
Unterm Strich: Man muss kein Fan des etwas labberigen Wahlkampfs 2009
sein, um gespannt zu sein auf diesen Abend, über den zu reden sein 
wird, und zwar auch in den kommenden Wochen und Monaten.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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