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Berliner Morgenpost: Pflichtbewusste Politiker, gelassene Bürger

Berlin (ots)

Die Lage ist ernst, die meisten Menschen wissen es,
haben aber gelernt, damit umzugehen. Spätestens seit dem 
11.September 2001 ist der westlichen Welt bewusst, dass der 
islamistische Terrorismus vor keinem noch so brutalen Anschlag 
zurückschreckt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind seitdem massiv 
verbessert worden. Trotzdem hat es weitere schreckliche Anschläge in 
Madrid oder London gegeben, andere Massentötungen durch von al-Qaida 
inszenierte oder beeinflusste Gotteskrieger konnten aufgedeckt und 
verhindert werden. In einer offenen, freien Gesellschaft, die die 
Glaubensfanatiker verachten und hassen, deren globale 
Ansteckungsgefahr sie aber auch fürchten, gibt es keine völlige 
Sicherheit. Dennoch hat der Staat die Pflicht, alles nur Mögliche zum
Schutz seiner Bürger zu tun. Weil die Deutschen den Eindruck haben, 
die Bundesregierungen in jedweder Farbgebung kommen dieser 
Verpflichtung nach und sind ihr nachgekommen, reagieren sie 
vergleichsweise gelassen auf die immer neuen Drohungen aus den 
Terrorcamps.
Das gilt auch für die neue Videobotschaft, die Anschläge nach der 
Bundestagswahl für den Fall ankündigt, dass Deutschland seine 
Soldaten nicht aus Afghanistan zurückzieht. Dass die Drohung die Wahl
am Sonntag beeinflussen soll, ist unstrittig. Keine demokratische 
Partei darf gegenüber solchen kriegerischen Einflussversuchen weich 
werden. Die Wähler andererseits sollten sich keine Angst einjagen 
lassen. Wer glaubt, sich von Islamisten des Schlages Osama Bin Laden 
durch gutes Zureden, Wohlverhalten, Zurückweichen oder humanitäre 
Wohltaten Schutz und Sicherheit erkaufen zu können, begeht einen 
tödlichen Irrtum. Al-Qaida, ihre Unterorganisationen und mittlerweile
auch unabhängig operierende regionale Gruppen kämpfen für eine neue 
Weltordnung steinzeitalterlicher Prägung. Durch nichts lassen sie 
sich davon abbringen. Was sie wollen - wenn sie nur können -, haben 
sie in Afghanistan vorexerziert. Sie haben die Menschen bis aufs Blut
doktriniert und in Ausbildungscamps den Terrorkrieg im Westen 
vorbereitet. Weil sich das nicht wiederholen darf, schickt auch 
Deutschland Soldaten nach Afghanistan. Ihr Einsatz ist also nicht 
Ursache für terroristische Drohungen und Anschläge. Das Gegenteil ist
richtig.
Demokratische Regierungen finden sich angesichts von ernst zu 
nehmenden Drohungen auf einer Gratwanderung wieder: Wie massiv wird 
die Bevölkerung gewarnt, ohne sie zu verängstigen und damit den 
Terroristen schon den ersten Gefallen zu tun? Wie demonstrativ können
etwa in der Hauptstadt Berlin die Sicherheitsmaßnahmen am 
Hauptbahnhof oder in den Flughäfen verstärkt werden, ohne panikartige
Reaktionen zu befördern? Wo schlägt, was sicherheitstechnisch und 
rechtlich möglich ist, um in eine nicht mehr akzeptable Beschneidung 
der Bürgerfreiheiten?
Dass kurz vor der Wahl auch die Parteien der Versuchung widerstehen, 
aus der massiven Terrordrohung noch schnell einen billigen Punkt zu 
machen, korrespondiert erfreulich mit der Gelassenheit der meisten 
Bürger.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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