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Berliner Morgenpost: Die Pflegeversicherung wetterfest machen

Berlin (ots)

Aus persönlicher Erfahrung weiß fast jeder, was es
bedeutet, alte Menschen in den letzten Lebensjahren zu begleiten und 
zu betreuen. Ihre Pflege kostet viel Zeit, Geld und leider manchmal 
auch Nerven, denn oft findet sie rund um die Uhr statt. Auch auf 
ihren eigenen Lebensabend schauen viele Deutsche mit sehr gemischten 
Gefühlen, wenn nicht gar mit Angst. Umfragen zeigen immer wieder, 
dass viele Bürger meinen, sie seien für den Pflegefall nicht 
ausreichend abgesichert. Sie wollen oder können aber nicht selbst 
dafür vorsorgen. Um diese Aufgabe, so der verbreitete Wunsch, soll 
sich der Staat kümmern. Das Problem wird bei der Politik abgeladen.
Union und FDP scheinen diese Sorgen nun aufgreifen zu wollen. Im 
Koalitionsvertrag haben sie vereinbart, die Pflegeversicherung zu 
reformieren, ja sogar ganz umzubauen. Seit 14 Jahren funktioniert sie
nach demselben Verfahren wie die Rentenversicherung: Arbeitnehmer 
zahlen das Geld ein, das unmittelbar für die Versorgung der 
Pflegebedürftigen wieder ausgegeben wird. Doch wie in der 
Rentenversicherung stößt dieses einfache Umlageverfahren in einer 
ständig älter werdenden Gesellschaft an seine natürlichen Grenzen: 
Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Pflegebedürftige 
zahlen. Jedem dürfte klar sein, dass das nicht mehr lange gut geht. 
Die persönlichen Belastungsgrenzen werden bald erreicht sein. Eine 
Reform ist überfällig.
Die Fast-Koalitionäre CDU, CSU und FDP sind deshalb auf dem richtigen
Weg, wenn sie dem demografischen Wandel begegnen und die 
Pflegeversicherung auf Kapitaldeckung umstellen wollen. Konkret 
bedeutet das, dass jeder künftig einen Teil des Geldes für seine 
eigene Versorgung im Alter zurücklegen wird. Bei diesem Umbau sind 
jüngere Menschen klar im Vorteil, denn sie haben länger Zeit zum 
Sparen. Für Ältere, die diese Zeit nicht mehr haben, könnte eine 
solche Reform dagegen teuer werden, das gehört zur Wahrheit dazu. Die
neue Koalition muss deshalb soziale Härten vermeiden, wenn die Bürger
eine solche Reform akzeptieren sollen. Die Pflegeversicherung 
wetterfest zu machen wird Geld kosten.
Diskutiert werden muss in diesem Zusammenhang sicherlich auch über 
die Frage, ob und wie stark sich die Arbeitgeber an einer solchen 
Reform beteiligen müssen. Schon jetzt zahlen die Arbeitnehmer die 
Pflegeversicherung faktisch alleine, denn bei ihrer Einführung 1995 
wurde - außer in Sachsen - ein Feiertag abgeschafft, um die 
Finanzierung zu gewährleisten.
Noch hat die künftige Koalition nur die grobe Richtung bestimmt, der 
genaue Weg zum Ziel ist reichlich unklar. Als mahnendes Beispiel 
sollte sie sich vor Augen halten, dass auch die scheidende große 
Koalition sich vor vier Jahren eine große Pflegereform vorgenommen 
hatte. Heraus kamen neue Leistungen und Beitragssteigerungen. Die 
hehren Pläne aus dem Koalitionsvertrag, eine Kapitaldeckung 
einzuführen, scheiterten nicht zuletzt am fehlendem Geld. Union und 
FDP müssen jetzt den Mut aufbringen, es besser zu machen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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